In
den Dörfern des Thüringer Holzlandes wurde der Maibaum seit altersher aufgerichtet. Schon seit früher Zeit gilt Pfingsten als eines
der schönsten Feste auf dem Lande. Der Frühling hat den Winter endgültig
besiegt, ein Großteil der Felder und Gärten sind bestellt, und der Sommer
steht vor der Tür.
In
Reineke Fuchs schrieb Goethe:
„Pfingsten,
das liebliche Fest, war gekommen; es grünten und blühten Feld und Wald;
auf Hügeln und Höhn, in Büschen und Hecken übten ein fröhliches Lied die
neu ermunterten Vögel; jede Wiese sprosste von Blumen in duftenden Gründen,
festlich heiter glänzte der Himmel und farbig die Erde.“
Zur
Pfingstzeit erfreut sich wohl jeder der nun vollends erwachten Natur.
Die Saaten werden überprüft. Jeder Naturfreund hält erste kritische Ausschau
nach dem Gedeihen der Pflanzenwelt. Früher wurde dies mit so genannten
Flurumzügen oder Flurzügen getan, wie es heute noch zum Beispiel im Raum
um Kahla, üblich ist. Heute allerdings mit Volksfestcharakter, als willkommene
Abwechslung im Alltag. Groß und klein marschiert mit durch die Natur bis
hin zum Sportplatz, wo bei Musik, Speis und Trank gefeiert wird. In der
späteren Zeit haben sich diese Traditionen „Flurzug“ und „Maibaumsetzen“
weiter getrennt entwickelt, sind aber bis in die heutige Zeit erhalten
geblieben.
Besonders
im Thüringer Holzland ist das Maibaumsetzen das schönste Fest des Jahres.
Ganz besonders für die
Mitwirkenden und natürlich für die Kinder. Wie das Maibaumsetzen um 1820
ablief, erfahren wir aus der Abschrift eines Vortragsmanuskriptes des
Staatsarchivs Altenburg, welches in der Ortschronik Bad Klosterlausnitz
aufbewahrt wird. Herta Steinert, Altenburg, schrieb um diese Zeit:
„Wer zu Pfingsten
unser Holzland durchwandert, der findet fast in jedem Dorf einem freien
passenden Platz einen hohen Fichtenstamm aufgerichtet, an dessen Spitze
ein Birkenbäumchen angebracht ist. Das ist der Mai- oder Pfingstbaum,
das Wahrzeichen aller Holzlanddörfer. Das Maibaumsetzen in Klosterlausnitz
hat eine gewisse Berühmtheit erlangt. Der Plan selbst ist mit Birkenbäumchen
umsäumt. Um ihn herum sind Bänke aufgestellt, auf denen sich jung und
alt niederlässt, um dem fröhlichen Treiben zuzusehen. Ihren Durst löscht
der Bräuhahn, ein früher vielfach selbstgebrautes Pfingstbier. Wenn die
Witterung kühl ist, dann ist der beliebte Rumkaffee sehr begehrt. Dazu
werden Rostbratwürste verzehrt. Der Beginn der Fröhlichkeit erfolgt am
2. Feiertag. Die Musikanten ziehen unter herrliche Begleitung
der jubelnden Kinderschar musizierend im Dorf umher, machen wohl auch
vor den Wohnungen des Gemeindevorstehers und sonstigen Bauern des Ortes
Halt und erfreuen diese durch ein Ständchen. Öfters wird der Zug von festlich
geschmückten Burschen angeführt, die ihrem Liebchen ein Ständchen bringen
lassen. Dann fordern sie dieselbe zur Teilnahme auf. Darauf erscheint
sie mit einem bunten Band in der Hand und knüpft dasselbe an einen Zweig
des Birkenbäumchens, das die Schar in ihrer Mitte trägt. Diese Zeremonie
dauert so lange fort, bis das ganze Dorf, zuweilen auch die Nachbardörfer
durchschritten sind, sodass
schließlich das Bäumchen voller farbiger Bänder prangt. Dann begibt man
sich auf den Platz, wo der alte Pfingstbaum stand, den man bereits unter
Musikbegleitung heraus gegraben und umgelegt hatte. Das verdorrte Bäumchen
vom Vorjahre entfernt man von der Spitze und ersetzt es durch das Neue,
mit Bändern reich verzierte. Ist der mächtige Stamm wieder aufgerichtet,
und die Bänder flattern lustig im Winde, dann beginnt das fröhliche Leben
auf dem weiten Platz, wobei die Heiterkeit, der Frohsinn und der biedere
Charakter der Holzländer so recht zum Ausdruck kommen. Die
jungen Burschen und Mädchen tanzen beim Klang der Musik um den Mai die
Kinder vergnügen sich auf ihre Art und Weise, während die Alten plaudernd
umherstehen und sitzen. Die Birke mit den Bändchen bleibt auf ihrer luftigen
Höhe. Durch diesen Brauch erhält das Pfingstfest für unsere Holzländer
einen besonderen Reiz, dem auch der als Gast anwesende Fremde nicht widerstehen
kann."
Die
Geschichte des Maibaumsetzens in der heutigen Form
geht auf die Vermischung von drei verschiedenen Bräuchen zurück:
|
Ursprünglich
war der Maibaum "Maie" eine Birke - Symbol für den Frühling, neu erwachende Natur und Fruchtbarkeit.
Die Wurzeln gehen bis in das 17. Jahrhundert zurück und sind in ganz Europa
nachweisbar (Maifeste). Später wurde die Birke durch eine Fichte ersetzt.
Hintergrund hierfür war, dass der mächtige Stamm der Fichte des jeweiligen
Vorjahres versteigert wurde und so einige „Pfennige“ in die Kasse der
Burschen brachte. Am Stamm wurde dann auch nicht mehr eine Birke befestigt,
sondern eine Fichte „angeschuht“. |
|
|
|
Ledige
Burschen stellten ledigen Mädchen Birken vor das Haus und erhielten dafür bunte Bänder. Dieser Brauch ist bis heute erhalten
und wird mit dem Birkenverkauf und Bändersammeln weiter gepflegt. Der
Birkenverkauf dient dabei besonders auch dazu, die Kasse der Burschen
für das große Fest zu füllen. |
|
|
|
Handwerksbrauch - Gesellen und Meister bewiesen im Rahmen eines Maifestes Handwerkskunst
„Anschuhen“ des Gipfels an den Stamm) und zeigten den Mädchen, dass sie
mit Muskelkraft einen stattlichen Baum (Fichte) aufstellen können. |
So
entwickelte sich eine alte Tradition im Thüringer Holzland und einigen
anderen Orten unserer Region.
Diese Tradition kann in Hermsdorf und Bad Klosterlausnitz bis 1589 zurück verfolgt werden. Die damalige Obrigkeit verbot per Erlass das Setzen - ohne Erfolg - die Tradition blieb bis heute erhalten und besteht daher in Hermsdorf und Bad Klosterlausnitz seit über 420 Jahren. |