Die Ablösung der Gerechtsame an den Kirchenhölzern in Hermsdorf

Willy Hädrich - Stadtrodaer Heimatblätter August 1956

 

Im Jahr 1864 wurden die auf den Hermsdorfer Kirchenhölzern ruhenden Gerechtsame mit rund 16.000 Talern abgelöst. Empfänger dieser Summe war die Gemeinde Hermsdorf bzw. die einzelnen berechtigten Gemeindemitglieder. Zahlungsverpflichtete war die Kirche in Hermsdorf. Um was für Gerechtsame handelte es sich nun bei diesen im Jahre 1864 abgelösten Gerechtsamen? Es waren zunächst das Bauholzrecht, das Stockroderecht, das Trift-, Hüte- und das Streuentnahmerecht, über deren Rechtmäßigkeit und deren Ablösungssumme sich lange Zeit die beiden Vertragspartner stritten.

Das Bauholzrecht, welches den Berechtigten der Gemeinde Hermsdorf Zustand, bestand darin, dass die Hermsdorfer Einwohner für den Neubau oder die Reparatur ihrer Wohnhäuser, Ställe und Scheunen und Schuppen berechtigt waren, das Bauholz aus den Kirchenhölzern gegen ein geringes Anweisungsgeld zu entnehmen. Anspruch darauf hatten die alten "Brandstätten", die bis zum Jahre 1782 mit Häusern bebaut worden waren. Es gab in Hermsdorf 20 Ganz-, 43 Halb-, 33 Drittel- und 2 Viertelhäuser, die dieses Bauholzrecht in Anspruch nehmen durften. Bei Neubauten standen ihnen für ein Ganzes Recht zu: 30 Baumstämme für ein Wohnhaus, 10 Baustämme für eine Scheune, 8 Baumstämme für einen Stall und 4 Baumstämme für einen Schuppen. Auch die Güteklasse der Stämme war festgelegt und musste den Gepflogenheiten entsprechen. Und zwar sollten 10 Stämme der 1.Klasse von 8 bis 12 Zoll Durchmesser, dann  10 Stämme der 2. Klasse von 13 bis 15 Zoll Durchmesser und 10 Stämme der 3. Klasse von 16 Zoll und mehr Durchmesser dabei sein. (1 Zoll = 21,3 cm). Seit wann diese Gerechtsame bestanden, konnte die Gemeinde allerdings bei den Ablösungsverhandlungen einwandfrei  nicht nachweisen, aber auch die Vertreter der Kirche mussten zugeben, dass diese Gerechtsame schon "seit unvordenklichen Zeiten" bestanden und durch fortgesetzte Ausübung aus "rechtsverjährter Zeit" herstammend, zum Recht geworden waren. Um nun die Rentenablösung zu berechnen, ging man von der in den letzten 20 Jahren erfolgten Baustammentnahme aus, welche 947 Baumstämme betrugen. Die Gemeinde forderte nun eine Ablösesumme von 8175 Talern, während die Kirche zunächst nur 6957 Taler zubilligen wollte. Endgültige einigte man sich dann auf rund 7000 Taler.

Das Stockroderecht hatte die Gemeinde nur in dem sogenannten großen Kirchenholze. Die Baumstämme wurden zwei Fuß über der obersten Wurzel gefällt. Das stehen gebliebene Holz galt als Stock. Diese Stöcke wurden auf Kosten der Gemeinde gerodet und von ihr als Brennholz verkauft. Diese Einnahmen flossen also der Gemeindekasse zu. Bereits in dem Visitationsauszug vom Jahre 1582 wird diese Handhabung vermerkt und von der Kirche auch an erkannt. Da bei der Gemeinde die Einnahmen aus diesem Gerechtsamen genau nachgewiesen werden konnten, ergaben die Ablösungsverhandlungen keinerlei Schwierigkeiten. Es wurden 3.700 Taler festgelegt.

Das Recht der Trift und Hut hatten die Hermsdorfer Einwohner in allen Kirchenholzwaldungen und auch den angrenzenden Privatwaldungen. Auch dieses Recht gründete sich auf ein "uraltes in unvordenklichen Zeiten verschwindendes Herkommen". Die Inhaber der sogenannten "Kuhrechte" durften ihr Vieh in der Regel von Walpurgis bis Michaelis durch den Hirten auf die Weide treiben lassen. In Hermsdorf gab es 150 Kuhrechte. Schon die Dorfordnung von 1655 bestimmte, dass der Besitzer eines kleinen Hauses „ein Kuhrecht“ habe während die 2 "großen " Häuser mehrere Kuhrechte besaßen. Auf Grund der "Hutfläche" von 183 Acker und einer Ablösungssumme von 2 Talern pro Acker errechnete man zunächst 366 Taler Ablösungssumme. Schließlich einigte man sich auf 300 Taler.

Das Streuentnahmerecht bestand darin, dass alle Hermsdorfer Einwohner berechtigt waren, aus den Waldungen Streu zu holen zum Einstreuen in die Viehställe. Die Anerkennung dieses Streurechtes stieß bei der Kirche auf keinen Widerstand, wohl aber kam es zu umfangreichen Gutachten der Sachverständigen wegen der Höhe der zu zahlenden Abfindung für die Streugerechtsame. Die Höhe der Abfindung, die von 4 Sachverständigen errechnet wurde, schwankte zwischen 9.000 und 10.000 Talern. Der Ablösungsvertrag vom 01.04.1865 setzte dann endgültig 5.300 Taler fest. Am 20.11.1863 wurde vor der  Herzoglichen Kircheninspektion in Altenburg festgelegt, dass  die Gemeinde Hermsdorf 16.000 Taler Abfindung erhält und dafür alle Gerechtsame an den Kirchenhölzern aufgibt. Die Kirche trat an die Gemeinde eine Reihe Holzparzellen ab, da sie nicht in der Lage war, die genannte Summe in bar zu entrichten. Der Wert dieser Holzparzellen wurde auf 5.200 Taler festgelegt und hatte eine Größe von 26 Ackern. Die Verteilung der übrigen Kapitalien unter die Berechtigten stieß auf große Schwierigkeiten, da das Gerichtsamt in Eisenberg verlangte, dass die Ablösungssumme für die Bauholzgerechtsame nicht zu verteilen sei, sondern nur der Gemeinde zugute käme. Erst als die Berechtigten erklärten, dass sie bei einer Auszahlung der Ablösungssumme diese dazu verwenden würden, um Renten, eiserne Kirchenkapitalien und andere Hypothekenschulden abzustoßen, willigte das Gerichtsamt in die Auszahlung ein und stellte eine Tabelle auf, wie die Gelder zu verwenden seien.

Mit Neujahr 1865 erloschen dann alle Gerechtsame an den Hermsdorfer Kirchenhölzern, und es gingen die bis dahin der Kirche gehörigen Waldstücke sowie das Brauhaus mit sämtlichen Rechten, Nutzungen und Pflichten in den Besitz der politischen Gemeinde über.