Die Nahrungslosigkeit in den Holzlanddörfern
Hermsdorf, Klosterlausnitz, Weißenborn 1849 - 1852

 
  1. Das Holzland
  2. Der Bericht des Kreisrates Eisenberg vom 13.05.1849
  3. Die Verhandlung am 11.06.1849 in Klosterlausnitz
  4. Der Bericht des Kreishauptmannes des Saale-Eisenberger Kreises in Roda vom 22.09.1849
  5. Der Vorschlag der Regierung vom 02.02.1852 wegen der Spielwarenindustrie in den Holzlanddörfern
 

1. Das Holzland

Das "Thüringer Holzland" , früher „Altenburger Holzland“ , liegt vollständig im Saale-Holzland-Kreis. (weitere Ausführungen zum Holzland siehe hier)

Schon im Mittelalter beschäftigten sich die Einwohner des Holzlandes, insbesondere aber die Einwohner der Orte Hermsdorf, Klosterlausnitz und Weißenborn mit der Herstellung von allerlei Holzgegenständen. Die Holzwarenhersteller wurden schon sehr frühzeitig (17.Jahrhundert) mit Schirrmacher bezeichnet. Bereits 1655 muss das Schirrmachergewerbe weit verbreitet gewesen sein, denn sowohl die Gemeindeordnung von Klosterlausnitz vom Jahre 1660, als auch die Ge­meindeordnung von Hermsdorf von 1655 enthielten Bestimmungen über die Holzwaren und ihre Hersteller. In der Gemeindeordnung von Hermsdorf hieß es:

Artikel 26:
 „Es soll kein Einwohner ohne Einwilligung der Gemeinde einzige Holzwaren auf die Gemeinde und das Dorf setzen, damit nicht die Trift zu enge werde und das Vieh an seinem Ein- und Ausgang gehindert werden möchte.“

Artikel 42:
"Es soll kein Nachbar mit Willen und Mutwillen dem andern seine Holzkaufleute abspannen, auch dem anderen zum Trotz die Waren nicht geringer geben.“

Artikel 40:
 „Diejenigen, so kein eigentümliches Gehölze haben, sollen weder mit Latten, Leitern, Pflöckhölzern, Saukoben und dergleichen handeln. Sie haben denn jederzeit den Amtsschultheißen und Gemeinmeister angezeigt, wo und von woher sie das Holz darzu erkauft haben. Keinem auch zugelassen sein soll, Latten in Hölzern auszuarbeiten.“ (Das heißt sie sollen die Latten nicht gleich im Walde herstellen.)

Artikel 41:
„Soll kein Einwohner von dem Holze, das er in den benachbarten adeligen und Bauernhölzern angenommen (gekauft) hat, die daraus gefertigten Holzwaren ins Dorf zum Verkauf tragen oder fahren lassen und dadurch den andern ‚Nachbarn und Einwohnern Holzhandel Schaden tun.“

Natürlich waren Übertretungen in verschiedener Höhe unter Strafe gestellt. Mit was hatten sich nun die Einwohner in den früheren Jahren beschäftigt, bzw. welche Holzwaren wurden hergestellt. Dazu schrieb Oberlehrer Amende in Altenburg im Jahre 1870 in einem Aufsatz:

„Wer damals ein Dorf im Holzlande besuchte, dem bot sich ein eigenartiger Anblick dar. Vor jedem Haus lag Holz aufgestapelte: Stämme, Stöcke, Klötze, Scheite oder Reisig; in den Höfen, Scheunen und teilweise auch in den Stuben waren Männer beschäftigt, aus diesem Holze allerhand Gerätschaften zu fertigen, wie Besen, Schindeln, Dachspäne, Wagenbretter, Waschpfühle, Rechen, Leitern, Dachrinnen, Backmulden, Backtröge, Sessel ‚Schusterschemel, Schubkarren, Radewellen, Schlitten, Kuchendeckel Latten, Bretter und dergleichen.“

Später wurde dieses Sortiment noch wesentlich erweitert: Dachspäne, Dachschindeln, Wäscheklammern, Dreschflegel, Sensen-, Schaufel- und Gabelstiele, Schneeschippen, Kuchenschraken, Kuchenschieber, Schubkarren, Radewellen, Kinderwagen, Rodel-Handschlitten, Wurfschaufeln, Mulden, Nackttröge und Kummethölzer für die Sattler.
Das Haupterzeugnis waren aber die Leitern, wie auch einem Schreiben des Bahnhofs Hermsdorf-Klosterlausnitz vom 08.05.1903 belegt:

"Auf ihre gefällige Zuschrift vom 27.04.1903 teilen wir ihnen mit, dass ihre Angaben betreffs des Leitern Versandes ab diesseitige Station durchaus nicht übertrieben sind, Im Monat Januar jeden Jahres ruht der Versand. Wenn das Wetter günstig geht Ende Januar, den ganzen Februar bis Anfang März die erste größere Versandperiode los. Im Februar dieses Jahres sind zum Beispiel 71 Ladungen Leitern versandt worden, durchschnittlich jeder wagen mit 200 bis 250 Leitern beladen, macht täglich durchschnittlich gegen 700 Zentner Leitern. Durchschnittlich gehen täglich 200 Zentner ab. Die nächsten Versandperioden sind wieder gleich nach Ostern und Pfingsten, vielleicht passt es da einmal einem der Zweifler auf einer Ferienreise sich von dem Umfang des Ver­sandes zu überzeugen. Mit Hochachtung C. Almstedt, Stationsassistent.“

Welch große Bedeutung das Holzwarengewerbe in den Jahren 1938,1939 hatte geht aus einer Arbeit Jenaer Studenten hervor, die darüber im Buch: „Das Schirrmachergewerbe im Thüringer Holzland“ schrieben. Danach bestanden im Jahre 1938 in den Holzlanddörfern 106 Holz verarbeitende Betriebe:

35 in Hermsdorf,
27 in Klosterlausnitz,
3 in Weißenborn und die restlichen Betriebe verteilten sich auf die anderen 6 Holzlanddörfer.

In den Jahren 1849 - 1852 waren die Holzwarenhersteller des Holzlandes nicht auf Rosen gebettet, wie aus alten Aktenstück zu erfahren ist.

2. Bericht des Kreisamtes Eisenberg vom 13.05.1849

Am 21.05.1849 forderte die Landesregierung in Altenburg die herzoglich Kreishauptmannschaft des Saale-Eisenberger Kreises in Roda auf, sich an Ort und Stelle von dem Notstand in den Dörfern Hermsdorf, Klosterlausnitz und Weißenborn zu überzeugen und dann ge­eignete Vorschläge zu dessen Abhilfe in einem Bericht zu unterbreiten. Anlass zu dem eben genannten Schreiben der Regierung in Altenburg war ein Bericht des Kreisamtes in Eisenberg vom 13.05.1849:

"Herzoglicher Landesregierung ist bekannt, dass fast 2/3 der Bevölkerung in den Ortschaften Hermsdorf, Klosterlausnitz und Weißenborn mit dem Fertigen und Vertriebe von Holzwaren die notdürftigsten Subsistenzmittel sich erwerben. Nun ist aber seit länger denn einem Jahre das Vertrauen auf die öffentliche Ordnung und der Glaube an Ruhe und Frieden geschwunden, Bauten und dergleichen Gewerbsunternehmungen sind eingestellt worden, und folglich war auch die Nachfrage nach Holzwaren z. B. Bretter, Pfosten, Latten eine sehr geringe. Bei den gegenwärtigen Stande der Dinge scheint eine baldige Änderung der Verkehrsverhält­nisse nicht in Aussicht zu stehen. Wie sehr unter solchen Um­stünden die bezeichneten Ortschaften gelitten haben bedarf wohl kaum einer weiteren Ausführung, wie sich von Tag zu Tage die Nahrungslosigkeit mehrt, dafür ergeben sich fast täglich neue Belege.

Am härtesten wird Klosterlausnitz von dieser Geschäftsstockung betroffen, weil dies die stärkste Einwohnerschaft und den geringsten Ackerbau hat. Über l00 Familien gibt es hier, welche nicht eine Ruthe Acker oder Grabe Landes besitzen. Ich halte es für meine Pflicht, Herzogliche Landesregierung auf diesen Notstand, der allein durch die Hilfe der betreffenden Gemeinden nicht beseitigt werden kann, bei Zeiten aufmerksam zu machen und erlaube mir noch zu bemerken, dass für Kloster­lausnitz Abhilfe geboten werden kann.
Die Gemeinde daselbst hat darum nach Ersucht, dass ihr ein be­stimmtes Areal herrschaftlichen Holzbodens eigentümlich zur Ausrodung und Verwandlung in Feld überlassen werde. Das herzogliche Finanzkollegium hat meines Wissens hierüber Bericht an die höchste Stelle zu erstatten und wird wohl mit Recht die Sache reiflich erwägen wollen. Indessen könnten vielleicht 15 bis 20 Acker Holzbodens unbedenklich der Gemeinde zur Ausrodung und Verteilung unter ihre Armen überlassen werden, unbeschadet der Entscheidung über das Hauptgesuch, welches ein sehr be­deutende Ackerzahl in Anspruch nimmt. Die fraglichen 15 bis 20 Acker können vielleicht durch anderweitigen Ankauf ergänzt werden und die Gemeinde bezeichnet hierzu gerade ein Stück Waldes, das schlagbar und offenbar von sehr schlechtem wuchs erscheint.
Vielleicht wird herzogliche Landesregierung nach Erwägung der einschlagenden Verhältnisse  keinen Anstand nehmen, obigen - ­unmaßgeblichen -Vorschlag bei Herzoglichen Finanzkollegium zu unterstützen. Bezüglich der andern Gemeinden bin ich leider außer Stande, Vorschläge zu machen. Eisenberg den 13.05.1849 Herzogl. Sächs. Kreisamt gez. Dr. Hesse“

Aus dem Bericht ist eindeutig ersichtlich, welch große Not in den einzelnen  Gemeinden herrschte. Aber man erkennt auch aus den ersten Sätzen des Berichts, dass die Revolutionsjahre nicht unberührt an den Holzlanddörfern vorüber gegangen waren. Die Einwohner hatten den Glauben an Ruhe und Ordnung und das Vertrauen in die Behörde ver­loren. Sie würden dies auch nicht zurückgewonnen haben, wenn sie diesen seichten Bericht des Herrn Dr. Hesse ge­lesen hätten. Er wusste sich keinen anderen Rat, als den Armen des Ortes Waldboden zur Verfügung zu stellen, um dort neue Felder zu schaffen. Dabei schlug er aber gerade den schlechtesten Boden vor, wo noch nicht einmal die anstehenden Fichten und Kiefern gediehen. Eine Hilfe für die anderen Orte wusste er überhaupt nicht. Nur Kloster­lausnitz schiein ihm am Herzen zu liegen.

Was hatte nun der Kreishauptmann in Roda unternommen? Er ordnet eine Versammlung an. Was war das Ergebnis dieser Versammlung und wer hatte daran teilgenommen?

3. Die Verhandlung am 11.07.1849 in Klosterlausnitz

Die Kreishauptmannschaft des Saale-Eisenberger Kreises verfügte‚ dass am 11.06.1849, um 11:30 Uhr im Gasthof zu Klosterlausnitz eine Versammlung stattfinden sollte, betreffend der Nahrungsverhältnisse in den Gemeinden Hermsdorf, Klosterlausnitz und Weißenborn. Dazu sollen die Amtsschulzen der genannten Dörfer, ihre gesetzlichen Vertreter sowie die Zimmer- und Mauermeister der drei Orte erscheinen. Diese Versammlung fand auch am 11.06.1849 statt.

Anwesend waren:

  1. Von Klosterlausnitz:
    Amtsschultheiß Johann August Klostermann
    Amtsschulze Gottlob Planer und August Zimmermann sowie
    acht namentlich genannte Zimmermeister, drei Mauermeister und 1 Steinsetzmeister.
  2. Von Hermsdorf:
    Amtsschulze Gottlob Bauer
    Gemeindeschulze Traugott Traugott Gruner
    Zimmermeister Friedrich Gottlob Beier
    Zimmermeister Friedrich August Beier
    Zimmermeister Friedrich Kirchner.
  3. Von Weißenborn:
    Amtsschulze Karl Prüfer
    Gemeindeschulze Christian Hänseroth sowie
    drei Zimmermeister und zwei Mauermeister.

Schon aus der Anwesenheitsliste ist ersichtlich, dass der Schwerpunkt der Verhandlung auf das Baugewerbe gelegt werden sollte. Das darüber hinaus vielleicht auch die Hersteller der Bretter und Pfosten für das Baugewerbe, also die Brettsäger und Holzwarenhersteller annehmbare Vorschläge machen könnten, ist dem Kreishauptmann nicht in den Sinn gekommen. Bestimmend waren die Behördenleiter und die Bauunternehmer.
Über das Ergebnis der Aussprache gibt eine Niederschrift Aufschluss, welche vom Notar Heinrich Geisenhainer nach der Versammlung angefertigt wurde:

"Der Grund der in Hermsdorf, Klosterlausnitz und Weißenborn herrschenden und mehr über Hand nehmenden Nahrungslosigkeit besteht darin, dass insbesondere der Holzhandel auf der jetzt hauptsächlich die fraglichen Gemeinden angewiesen sind, stockt und teilweise in der allgemeinen Stockung des Verkehrs, teils in Folge der jetzigen Eisenbahnverbindungen seinen Grund hat. Die Maurer- und Steinsetzmeister haben allenfalls zu tun, so viel es aber die Zimmermeister anlangt, so könnten diese zwar namentlich im Auslande Arbeit finden, und auch die Gesellen beschäftigen, allein dieselben können mit ausländischen Meistern, namentlich mit den weimarischen Meistern nicht konkurrieren, da die Holztaxe für das Holz, was auf dem Stamme angewiesen wird, viel zu hoch ist, namentlich das Holz hier teurer kommt, als es die weimarischen Meister kaufen können. Und sodann langt auch das angewiesene Holz nicht aus, da es in unseren Dörfern eine Menge Brettschneider gibt. Daher kommt es, dass eine Menge Zimmergesellen als solche keine Arbeit haben, dieselben erhalten sich zwar durch Tagelohn usw. allein sie können sich nur durchhelfen, wenn sie ihr übriges Vermögen zusetzen.
Wir haben zwar noch keine Einwohner, die sich gar nicht nähren können, allein es setzen sehr Viele von ihrem Vermögen, das sie besitzen zu, und kommen zurück. Es ist nicht der gehörige Verdienst dass die Familien genährt werden können, nicht nur unter den Zimmergesellen, sondern auch den Meister, und den übrigen Holzarbeitern. Ein Hauptgrund dieser Nahrungslosigkeit liegt freilich auch darin, dass sehr wenig junge Leute hier in Diensten gehen und die Landwirtschaft betreiben, im Gegenüber sich meistens teils auch des Fertigen von Holzarbeiten legen. Es würde daher auch eine Herabsetzung der Holztaxe nicht genug helfen, da unter den Holzarbeitern die Konkurrenz zu groß ist.
Das einzige Mittel zur Hebung des besagten Übelstandes scheint uns hauptsächlich darin zu liegen, dass die hiesigen und die Einwohner von Hermsdorf und Weißenborn Gelegenheit zur Urbarmachung, von Holzboden gegeben wird, da namentlich der Pacht für Feldboden zum Kartoffelbau enorm hoch ist, und teilweise für ½ Acker Feld jährlich 15 Groschen Pacht entrichtet worden ist. Wir würden zu diesem Behufe namentlich von der herrschaftlichen Waldung den sogenannten "Scheibensumpf" hinter dem Forsthause, oder am sogenannten „Karrenweg“, wo der Boden besser ist zur Urbarmachung empfehlen und zwar so, dass der Holzboden nicht um einen festbestimmten ganzen Kaufpreis verkauft wird, sondern dass die Kaufsumme analog wie bei der Frohenablösung durch Renten nach und nach gedeckt wird. Dadurch würde am wirksamsten geholfen werden.
es ist schon früher in Bezug auf Größe des auszulassenden Flächenraums eine vorläufige Ausmessung erfolgt und es dürften vielleicht etwa 60 Acker genügen, besser wären jedoch wenn es noch mehr wäre.
Ein anderes Mittel zur Abhilfe des Notstandes können wir nicht angeben, aber die Urbarmachung von Waldboden zu Feldboden würde auch noch den Vorteil haben, dass sich sodann mehrere junge Leute mit der Landwirtschaft beschäftigen könnten, in der Voraussicht, dass sie sich dann eher in ihrem Heimatorte als Handarbeiter und Tagelöhner beschäftigen würden.“

Es wurde dann noch beschlossen, dass der Kreishauptmannschaft ein Verzeichnis einzureichen war, woraus die Holzmengen ersichtlich waren, die in dieser Zeit vom Forst an die Zimmerleute und Andere verkauft worden sind. Die Niederschrift besagt eindeutig, dass die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse der Holzlander nicht allein daran lag, dass nicht genügend gebaut wurde, sondern vielmehr zu einem guten Teil daran, dass der Handel stockte.
Dieses Eingeständnis bestätigt, dass es erforderlich gewesen wäre, auch die Holzwarenhersteller und Holzwarenhändler zu diesen Fragen zu hören. Der weitere Hinweis, dass die Holztaxe zu hoch sei, bestätigt die verheerenden Auswirkungen der Zerrissenheit des Landes zu jener Zeit in viele kleine Herzogtümer. Die Weimarischen kauften das Holz billiger und die Altenburger, die nur wenige Kilometer davon ihrem Gewerbe nachgingen, mussten es teurer bezahlen, weil dieser Staat aus den Staatswaldungen eben mehr Gewinn herausschlagen wollte. Das einzige Allheilmittel sahen alle darin, dass den Einwohnern Waldboden zur Verfügung gestellt werden sollte. Bezeichnend ist auch des Verschlag, dass der Boden nicht käuflich erworben werden darf, sondern vom Staat nur auf Rente abgegeben werden sollte.
Kreishauptmann Johann Christian Friedrich Hesse von Roda hatte auch am 11.06.1829 eine Unterredung über den gleichen Verhandlungsgegenstand mit dem Forstmeister und Kammerherren Freiherr von Schmetizing in Klosterlausnitz:

„In Folge der Zeitverhältnisse im vergangenen und diesem Jahr ist allerdings der Holzhandel von dem die drei genannten Dörfer hauptsächlich leben etwas ins Stocken gekommen und deshalb der verdienst etwas geschmälert worden, jedoch kann man im Ganzen nicht sagen, dass ein wirklicher Notstand vorhanden sei. Soviel insbesondere die Bauunternehmer anlangt, so kann ich nicht absehen, dass dieselben so geringe in diesem Jahr sein sollen, denn es sind gerade in diesem Jahr mehr Bauatteste eingegangen, als seit mehreren Jahren. Ich will herzoglicher Kreishauptmannschaft auch in Kurzem die Anzahl dieser Bauatteste nebst der Anzahl der verlangten Baumstämme angeben. Die Füglichkeit der Abtretung von Holzboden in der herrschaftlichen Waldung zur Umwandlung in Feld ist allerdings gegeben, allein ich glaube kaum, das dies eine dauernde Abhilfe für den beregten Übelstand gewähren wird, denn einesteils setzt die Ökonomie mehr voraus, als bloß ein stück Land, was überdies erst noch zu Feld umgewandelt werden muss, und in der ersten Zeit keinen nutzen abwirft, andernteils liegt die geringe Erwerbsfähigkeit in diesen Ortschaften mit daran, dass die jungen Leute, anstatt sich in der Welt etwas umzusehen oder bei einer Herrschaft zu dienen, so bald als möglich ihren eigenen Hausstand gründen, und zu diesem Behufe das wieder treiben, was ihre Eltern getrieben haben, nämlich Holzarbeit, wodurch bei zunehmende Bevölkerung gerade in diesen Ortschaften auch die Konkurrenz immer mehr vermehrt wird.“

Auch diese Niederschrift zeigt eindeutig wieder, dass die „Nahrungslosigkeit“ nicht darauf zurückzuführen war, dass die Bautätigkeit nicht florierte, sondern einzig und allein, dass der Handel ins stocken gekommen war. Diesen Handel von Holzwaren wieder in Gang zu bringen, also für neuen Absatz zu sorgen, auf diesen Gedanken kam Niemand. Das ist auch verständlich, weil diejenigen, die unter der Stockung des Handels und des Absatzes besonders litten nicht anwesend waren.
Den Mauermeistern wurde gesagt, dass sie noch gut in Arbeit stünden. Nur die Zimmermeister klagten über zu wenig Arbeit. Dem sollte nachfolgende Aufstellung der Bauattestate und die Aufstellung des angewiesenen Bauholzes entgegengestellt werden:

Seit Mai 1849 wurden auf beigebrachten Bauanträge nachstehende anzahlen Baustämme zu Neubauten und Reparaturen auf Klosterlausnitzer und Tautenhainer Revieren abgegeben. Die Abgabe von 120 Baustämmen zum Neubau des Brauhauses in Klosterlausnitz erfolgte vorher, Mitte Februar 1849.

  1. aus Klosterlausnitzer Revier:

    431              Bauholzstämme an 57 Einwohner zu Hermsdorf;
    365              Bauholzstämme an 27 Einwohner zu Klosterlausnitz;
    248              Bauholzstämme an 18 Einwohner zu Oberndorf;
    135              Bauholzstämme an die Kirchgemeinde Rauschwitz zum Kirchenbau;
      60              Bauholzstämme an den Gastwirt Schömitz auf den Ziegenböcken;
      68              Bauholzstämme an 3 Individuen in Rauschwitz, Karsdorfberg und Droschka;
   1307              abgegebene Bauattestate.

  1. aus Tautenhainer Revier:

      44              Bauholzstämme an 14 Einwohner zu Rüdersdorf;
    200              Bauholzstämme an einen abgebrannten,Georg Lamprecht in Paitzdorf;
    286              Bauholzstämme an 23 Einwohner zu Tautenhain;
    127              Bauholzstämme an verschiedene Einwohner in Weißenborn;
      38              Bauholzstämme an verschiedene Einwohner in Rauda;
      26              Bauholzstämme an verschiedene Einwohner in Seifartsdorf;
        2              Bauholzstämme an verschiedene Einwohner in Hartmannsdorf;
    723              abgegebene Bauattestate.

Ferner sind die folgenden Derbholzmassen abgegeben worden:

  1. an die Gemeinde Hermsdorf

                  14 199        Kubikfuß in Stämmen vom Mörsdorfer Revier;
                    3 717        Kubikfuß in Stämmen vom Klosterlausnitzer Revier;
                  17 916        in Summa 231  36/80 Nutzklafter je 80 Klafter;

  1. an die Gemeinde Klooterlausnitz

                  15 0115      Kubikfuß in Stämmen = 188  5/80  6/4 Nutzholz Klafter;

  1. an die Gemeinde Weißenborn

                  13 119        Kubikfuß in Stämmen = 163  79/80  6/4 Nutzholz Klafter;

  1. an die Gemeinde Tautenhain

                    3 245        Kubikfuß in Stämmen = 110  45/80  6/4 Nutzholz Klafter.

Außerdem sind vorgenannten Gemeinden noch in Klafter aufgearbeitete Brennhölzer übergeben worden, welche man aber, auf die Arbeitsverhältnisse weniger Einfluss übend, hier nicht mit aufgeführt hat. Extrahiert Klosterlausnitz am 12.06.1849 gez. Alfred Mehlhorn, Forstaktuar."

Nach den angeführten Mengen sollte man annehmen, dass auch die Zimmerleute genügend Arbeit gehabt hätten. Doch lässt sich dies nicht einwandfrei errechnen, da nicht bekannt ist, wie viel Zimmerleute in den einzelnen Orten gearbeitet hatten.

Bei der Versammlung am 11.06.1849 war auch zur Sprache gekommen, dass eine große Anzahl der Einwohner keine eigenen Grundstücke besäßen. Es wurde von den Schultheißen in jeder Gemeinde ein Verzeichnis mit Namen, Familienstand und Beruf der­jenigen Einwohner erstellt, welche keinen Grundbesitz (Felder) hatten. Das Verzeichnis für Hermsdorf hat den folgenden Wortlaut:

 

Verzeichnis aus dem Jahr 1849 derjenigen Hermsdorfer Familien, welche keine Feldgrundstücke besaßen:

Bedeutung der Spalten unten: A = Hausbesitzer B = Mann C = Frau D = Kind E = konfirmiert F = nicht konfirmiert G = Summe
Name Vorname Hausgenosse Beruf
    A B C D E F G  
Acker Friedrich 1   1 2 1   4 Dachspänemacher
Acker Gottlob   1 1   3 2 7 Hutmann
Beyer Gottfried 1     1 1 1 3 Holzarbeiter
Beyer Friedrich 1     1   1 2 Brettschneider
Bocklisch Karl   1 1 1 3   5 Brettschneider
Brendel Christian 1   1 1 3 1 6 Fuhrmann
Brendel Tobias 1   1 2   1 4 Fuhrmann
Brendel Witwe   1   1 1 2 4 Handarbeiter
Buchmann Wilhelm 1   1 1   3 5 Leineweber
Buchmann August     1 1 1 4 6 Leinenwebermeister
Dechant Wilhelm 1   1 1 3 1 6 Zimmermeister
Eckardt Friedrich   1 1 1 4   6 Brettschneider
Fischer Wilhelm 1   1 1 4   6 Mauergesell
Geithe Gottlieb 1   1 1 4 2 8 Schirrmacher
Geithe Christoph 1   1 1 3 2 7 Schirrmacher
Gissrau Karl 1   1 1 3   5 Brettschneider
Gräfe Friedrich 1     1 2 2 5 Schirrmacher
Gräfe Friedrich 1   1 1 1   3 Schirrmacher
Grunick Friedrich 1   1 1 2   4 Brettschneider
Grunick sen. Friedrich 1   1 1 3 2 7 Handarbeiter
Hebstreit Gottlob 1   1 1 3   5 Handarbeiter
Hedrich Karl 1   1 1 4 1 7 Handarbeiter
Henseroth August 1   1 1 5 2 9 Brettschneider
Herling Karl 1   1 1 4   6 Brettschneider
Herling Gottlob 1   1 1 3   5 Brettschneider
Hopfe Gottlob 1   1 1     2 Zimmergeselle
Hopfe Karl 1   1 1 3   5 Brettschneider
Kirchner Gottlieb 1   1 1 2   4 Tischler
Klaus Gottfried 1   1 1 4   6 Schuppkärner
Klaus Christopf   1 1 1 2   4 Brettschneider
Klaus Karl 1   1 1 3   5 Brettschneider
Klaus Friedericke 1     1 2 2 5 Handarbeiter
Köhler Gottlob 1   1 1 1 1 4 Straßenwärter
Kraft Witwe 1     1   2 3 Handarbeiter
Opel Gottlob 1   2 1 4 1 8 Schirrmacher
Opel Karl   1 1 1 2   4 Fuhrmann
Petermann Gottlob 1   1 1 1 3 6 Dachspänemacher
Petermann Gottfried 1   1 1 3 2 7 Schirrmacher
Petermann Karl   1 1 1 3   5 Brettschneider
Plötner Gottfried   1 1 1 2 2 6 Schuppkärner
Plötner Christopf 1   1 1 3 1 6 Brettschneider
Plötner jun. Gottfried 1   1 1 2   4 Dachspänemacher
Plöttner Gottfried 1   1 1 1 1 4 Dachspänemacher
Plöttner Friedrich 1   1 1 2 3 7 Holzarbeiter
Plöttner Karl   1 1 1 3   5 Brettschneider
Pohle Eduard 1   1 1 2   4 Schuhmacher
Poser August 1   1 1 2   4 Brettschneider
Prässler Christopf   1 1 1 2   4 Holzarbeiter
Prässler Heinrich   1 1 1 3   5 Brettschneider
Prässler Wilhelm   1 1 1     2 Holzarbeiter
Prässler Gottlieb 1   1 1 4 1 7 Brettschneider
Preller Heinrich 1   1 1 5   7 Fleischermeister
Prüfer August 1   1 1 2   4 Wagnermeister
Riedel Friedrich 1 1 1 1     2 Brettschneider
Schaab Christopf 1   1 1   1 3 Handarbeiter
Schauer Christopf   1 1 1 4   6 Handarbeiter
Schilling Gottlob   1 1 1 2   4 Brettschneider
Schilling Christopf 1   1 1 1 2 5 Schirrmacher
Schilling Gottlob 1   1 1 3 1 6 Schirrmacher
Schilling Daniel 1   1 1 2 1 5 Brettschneider
Schilling Wilhelm   1 1 1 6   8 Brettschneider
Schmitt Friedrich   1 1 1 4   6 Brettschneider
Schöppe Friedrich   1 1 1 5   7 Brettschneider
Schramm Wilhelm   1 1 1 1   3 Brettschneider
Schramm Gottlob 1   1 1 4 2 8 Zimmergeselle
Schröder Karl   1 1 1 2   4 Brettschneider
Schröder Erdmann 1   1 1   2 4 Brettschneider
Schulze Friedrich 1   1 1 5   7 Brettschneider
Senf Friedrich 1   1 1     2 Handarbeiter
Serfling Gottfried 1   1 1 2 2 6 Holzarbeiter
Serfling Friedrich 1   1 1 2   4 Holzarbeiter
Steingrüber Tobias 1   1 1 1   3 Fuhrmann
Tänzer Karl   1 1 1     2 Brettschneider
Tänzer Gottfried 1   1 1 2   4 Brettschneider
Trinks Friedrich 1   1 1 1   3 Zimmergeselle
Vogel August 1   1 1 4 1 7 Zimmergeselle
Wezel Andreas   1 1 1 3 2 7 Brettschneider
Wezel Gottfried 1   1 1 4 1 7 Brettschneider
Wezel August 1   1 1 2   4 Brettschneider
Summe 57 22 74 80 184 61 399

Hermsdorf, den 04.07.1849 gez. Karl Gottlob Beyer Amtsschulze.
 

Hermsdorf hatte 1843 laut I. und E. Löbe sowie Reichsstatistik 1946 insgesamt 1096 Einwohner.

Berufsaufteilung

      34     Brettschneider
        9     Handarbeiter
        8     Schirrmacher
        4     Dachspänemacher
        6     Holzarbeiter
        2     Schubkärrner
        3     Fuhrmänner
        2     Leineweber
        1     Hutmann
        1     Straßenwärter
        1     Tischler         
        1     Schuhmacher
        1     Wagner
        1     Fleischer
        1     Mauergeselle
      75     Gesamt

Familienstärke

  6 Familien mit 2 Mitgliedern, also ohne Kinder      =    12       Personen davon Kinder        0
  7 Familien mit 3 Mitgliedern, also mit 1 Kind         =    21       Personen davon Kinder        7
20 Familien mit 4 Mitgliedern, also mit 2 Kindern     =    80       Personen davon Kinder       40
14 Familien mit 5 Mitgliedern, also mit 3 Kindern     =    70       Personen davon Kinder       42
14 Familien mit 6 Mitgliedern, also mit 4 Kindern     =    84       Personen davon Kinder       56
13 Familien mit 7 Mitgliedern, also mit 5 Kindern     =    91       Personen davon Kinder       65
  4 Familien mit 8 Mitgliedern, also mit 6 Kindern    =    32       Personen davon Kinder       24
  1 Familien mit 9 Mitgliedern, also mit 7 Kindern    =      9       Personen davon Kinder        7
79 Familien mit                                                          399       Personen davon Kinder    241 Kindern;

Besitzverhältnisse

57 Hausbesitzer
23 Hausgenossen

Auch für Klosterlausnitz und Weißenborn wurde dieses gleichen Verzeichnis eingereicht. Für
Klosterlausnitz ergab sich das folgende Bild:

      52     Hausbesitzer
      50     Männer
      52     Frauen
      94     nicht konfirmierte Kinder und
      45     konfirmierte Kinder
      51     Hausgenossen
      30     Männer
      29     Frauen
      39     nicht konfirmierte Kinder und
      25     konfirmierte Kinder
    467     Summe

In der Berufsaufteilung ergab sich das folgende Bild:

        2     Bäcker
        1     Barbier
      16     Brettschneider
        1     Drechsler
        1     Fuhrmann
        1     Glaser
      16     Handarbeiter
      10     Holzarbeiter
        1     Horndrechsler
        1     Hutmann
        1     Leichenfrau
        5     Leitermacher
        2     Mauergesellen
        1     Muldenhauer
        1     Nachtwächter
        1     Sattlermeister
        1     Schindelmacher
        2     Schirrmacher
        1     Schreiberei
        2     Schubkärrner
        1     Straßenmann
        1     Tischler
        1     Töpfer
        1     Ziegler
        9     Zimmergesellen
        2     Zimmermeister
      82     Summe

Auch in Klosterlausnitz waren es die Brettschneider, die in der Mehrzahl keinen Grundbesitz hatten, danach kamen die Handarbeiter und die Holzarbeiter. Auf diese drei Berufe konzentrierte sich wahrscheinlich auch die „Nahrungslosigkeit“ und nicht auf die zur Sitzung geladenen Zimmer- und Mauermeister.
Um einen Überblick zu erhalten, wie die Fluren der drei Gemeinden sich zusammensetzen, ist aus dem Landesvermessungsregister dem Aktenstück eine Übersicht beigefügt. Daraus ist das Folgende ersichtlich:

  • Klosterlausnitz
    39         Acker      Gärten
    34        Acker      Wiesen
    176       Acker      Felder
    3          Acker      Lehden
    5          Acker      Teiche
    257       Acker zusammen
  • Weißenborn
    21        Acker      Gärten
    50        Acker      Wiesen
    144       Acker      Felder
    291       Acker      Hölzer
    1          Acker      Lehden
    1          Acker      Teiche
    508       Acker zusammen
  • Hermsdorf
    980       Acker zusammen, die Aufteilung ist aus der Aufstellung nicht ersichtlich.

4. Bericht der Kreishauptmannschaft des Saale-Eisenberg Kreises die Nahrungslosigkeit in den Dörfern Hermsdorf, Klosterlausnitz und Weißenborn betreffend vom 22.09.1849 (auszugsweise):

. . . Die drei genannten Dörfer werden, wenn man dem Adressbuch von 1843 folgt und dabei in Betracht zieht‚ das seitdem die Bevölkerung des Herzogtums überall im wachsen gewesen ist, jetzt vielleicht
zusammen 3500 Einwohner zählen und dazu, abgesehen von den in Privateigentum befindlichen Hölzern, Lehden und Wässern, gegen 700 bis 800 Altenburger Acker Gärten, Wiesen und Felder in Privateigentum der ein­zelnen Gemeindemitglieder besitzen. Dieses Verhältnis zwischen der Einwohner- und der Feldackerzahl erscheint nun zwar, gegenüber dem der Städte keineswegs als ein Missverhältnis, es lässt aber auch gegenüber der Mehrzahl

der Dörfer betrachtet, keinen Zweifel darüber übrig, das die Nahrung der Dörfer Hermsdorf, Klosterlausnitz und Weißenborn eben nicht vorzugsweise aus dem Landbau gewonnen werden kann. Dieselbe wird auch hauptsächlich aus dem Landbau nicht gewonnen, vielmehr betreibt die große Zahl der Einwohner allerhand Gewerbe und namentlich die Verarbeitung der mit wenig oder keiner Mühe zu erlangenden Nutzhölzer und der Ver­trieb der daraus gefertigter Bretter und sonstigen Holzwaren, zum Teil auch Frachtfuhrwerk, so dass es als eine ganz natürliche, ja unabweisliche Folge erscheint‚ dass eine Stockung im Vertriebe der Holzwaren auch nachteilig auf die Holzarbeiter und auf alle andern, mehr oder weniger von diesem abhängigen Gewerbetreibende jener Orte einwirken muss. Eine solche
Stockung mag im vorigen und in der ersten Hälfte des jetzigen Jahres allerdings eingetreten gewesen sein, mancher Einwohner jener Ortschaften mag währenddessen den bis dahin gewohnt gewesenen Verdienst nicht gefunden und sich in der Notwendigkeit versetzt gesehen haben, seine in früherer Zeit gemachten kleine Ersparnisse für seinen Unterhalt anzugreifen, … indessen erscheint denn trotz einer solchen Gewerbestockung in den erörterten Dörfern ein eigentlicher Notstand noch nicht geherrscht zu haben. Die deshalb von mir vernommenen Amtsschultheißen, Heimbücher und Gewerbetreibenden haben übereinstimmend erklärt, dass sie noch keine Einwohner hätten, welche sich gar nicht nähren könnten, und finden die Bedürftigkeit ihrer Gemeinden nur darin, dass es an dem zugehörigen Verdienst zum Unterhalt der Familien mangele, daher auch Viele von ihren bis jetzt besessenen Vermögen zusetzen zusetzen müssten und sie geben die Gründe dieser Erscheinung dahin an,

  1. dass in Folge der allgemeinen Verkehrsstockung und der jetzt vorhand­enen Eisenbahnverbindungen der Holzhandel wohin natürlich der Handel mit Holzwaren vorzugsweise zu nehmen, stocke,
  2. dass namentlich die dortigen Zimmerleute wegen den allzu großer Höhe des auf dem Stamme  anzuweisenden Bauholzes mit den benachbarten weimarischen Zimmerleuten nicht konkurrieren könnten, überdies auch wegen der Menge Brettschneider in jenen Dörfern bei Befriedigung des Konsum derselben das den dasigen Gewerbetreibenden aus den Staatswaldungen angewiesene Holz nicht ausreiche,
  3. dass sehr wenig junge Leute in landwirtschaftliche Dienste gehen, sondern sich eben nur auf Holzarbeiten legen, weshalb denn auch eine Herabsetzung der Holztaxe nicht genug werde helfen können. … 

Hiernach und da, wie schon gedacht eine andere Erwerbsquelle für jene Gegend sich nicht darbietet‚ bleibt mir allerdings nur übrig, meine Ansicht dahin auszusprechen,dass es unter den gegebenen Verhältnissen den Einwohnern der befragten Orte selbst anheim gestellt bleiben müsse, sich nötigen Falls an anderen Orten, in anderen Gegenden Beschäftigung
und Verdienst zu suchen, wie solches z. B. in. Friedrichsheide, Braunichswalde, Großenstein, dadurch, dass sie dasigen Handarbeiter auswärts, in „das Preußische“ in die Ernte gehen, schon seit länger Zeit geschehen ist. … deshalb nun will es mir scheinen, es  sei zur wirklichen Unterstützung  der ärmeren Gemeindemitglieder in den rubrizierten Dörfern vollkommen ausreichend, denselben eine entsprechende Bodenfläche zur pachtweisen Benutzung auf eines jeden Beteiligten Lebenszeit, jedoch ohne Hoffnung auf deren eigentümlichen Erwerb, zu einer mäßigen Pachtgelde, welches nicht etwa zur Steigerung der Landeseinkünfte in die Höhe getrieben werden dürfte, zur eignen Benutzung zu überlassen, mit der Bedrohung, der sofortigen Wiedereinziehung des Pachts, für den Fall, dass der betreffende Pächter das ihm zugewiesene Areal einem Anderen zur Benutzung überliesse oder selbst so viel anderes Feld akquiriert haben würde, um das erpachteten Staatsareals nicht weiter zu bedürfen. Die hierzu erforderliche Fläche würde eine einigermaßen bedeutende kaum genannt werden können. Durch eine derartige pachtweise BodenüberIassung aber würde zugleich die Probe gemacht werden, ob die vielfachen Sollizitationen um Waldboden in der Tat lediglich dem wirklichen Bedürfnisse des ärmeren Teils der Wald­bewohner, oder vielmehr dem Gelüste der bereits Begüterten in den Waldortschaften zu noch größeren Güterbesitz entsprossen seien, zu welchem Argwohn, aber auch nur Argwohn, ich allerdings durch einige hier und dort gefallene Äußerungen veranlasst worden bin.
Roda den 22.09.1849
Die Herzogliche Kreishauptmannschaft des S. E. Kreises.“

Eine Entscheidung auf diesen Bericht ist nicht er­folgt. Aus den Akten ist nichts ersichtlich. Erst drei Jahre später kommt die Regierung auf die Angelegenheit zurück und versucht durch einen neuen Vorschlag der Nahrungslosigkeit in den Holzlanddörfern abzuhelfen, da immer höhere Anforderungen von Holz an die Staatsverwaltung herantreten. Es folgt nun ein Schreiben der Regierung vorn 02.02.1852 an den Kreishauptmann des Saale Eisenberger Kreises in Roda, welcher nachstehend im Wortlaut wiedergegeben wird:

5. Schreiben der Herzoglich Sächsischen Landesregierung zu Altenburg vom 02.02.1852
an die Kreishauptmannschaft in den Walddörfern und deren steigende Ansprüche an die Staatswaldungen.

Im Namen seiner Hoheitdes regierenden Herzogs zu Sachsen-Altenburg

Der Kreishauptmannschaft des Saale-Eisenberg Kreises ist es insbesondere auch aus den bei dem Justizamte Roda dieserhalb stattgehabten Erörterungen, ohne Zweifel in bestem Andenken, wie angelegentlich die betreffenden Landesbehörden seit langen schon, vornehmlich aber seit der Emanuirung des neuen Holzabgaberegulativs mit der Aufsuchung von Mitteln beschäftigt gewesen sind ‚ um die Erwerbs- und Nahrungsverhältnisse in den Walddörfern mit den Ansprüchen in einigen Einklang zu bringen, welche dieselben an die Staatswaldungen in immer steigendem Verhältnis hervorrufen. Noch hat keine diesen Erwägungen entsprungener Abhilfsversuch den Zweck wesentlich zu fördern vermocht und namentlich ist neuerdings der vom Kreisamte Eisenberg ausgegangene Vorschlag, die Holzindustrie der Walddörfer, hauptsächlich beruhend im
Brettschneider-‚ im Leiter- und Schirrmachergewerbe‚ durch Beschränkung des Zunftverbandes zu regeln, bei näherer Beleuchtung ebenfalls unzureichend und unausführbar erfunden worden, sodass sich die höchste Stelle auf diesfallsige pflichtgehorsamste Berichterstattung bewogen gefunden hat, von der Zünftigmachung der Leiter- und Schirrmacher gänzlich absehen und versuchsweise auf sie nur dieselben Beschränkungen in Anwendung bringen zu lassen, welche im Wesentlichen ganz übereinstimmend mit den dem Justizamt Roda in einem Bericht vom 11./13. Februar hervorgehobenen Punkten, für die Brettschneider in Vorschlag gebracht worden sind.
Dagegen ist von höchster Stelle eine von uns in der beregten Beziehung ausgesprochene Ansicht gebilligt und uns deren weitere Entwicklung zur Pflicht gemacht worden.
Alles scheint nämlich darauf anzukommen, den Holzreichtum der fraglichen Gegend so zu benutzen, dass der Bevölkerung, die nun einmal am Boden hängt, zugleich damit so viel als möglich, nähere Beschäftigung gewährt wird. Das Leiter- und Schirrmachergewerbe ist an und für sich hierzu, wenn es eben nicht übersetzt wird, ganz geeignet und verdient darum eher Pflege und Begünstigung, als das Brettsäge und das Zimmergewerbe, welches verhältnismäßig eine größere Holzkonsumtion bedingen. Vorteilhaft stellt es sich daher für den fraglichen Zweck dar, in jene Gegend solche Gewerbe zu verpflanzen, wodurch bei verhältnismäßig geringen Holzverbrauch doch eine große Zahl von Arbeitern nähere Beschäftigung finden könnte. Dahin würde ohne Zweifel solche Handarbeiten gehören, wie man sie in Sonneberg, im sächsischen Erzgebirge, in Einsiedel und anderwärts, namentlich in Tirol fertigt. Zwar ist schon früher der Versuch einer solchen Verpflanzung gemacht worden, jedoch ohne den gewünschten Erfolg geblieben. Mag es dahin gestellt bleiben, ob der Versuch auch zweckentsprechend gewesen, jedenfalls ist die zu lösende Aufgabe so wichtig, dass eine Wiederholung desselben wohl empfohlen zu werden verdient. Unsers Bedünkens aber würde dem Zweck am sichersten aber vorgearbeitet werden, wenn zuvörderst in den betreffenden Ortschaften Arbeitsschulen für Knaben errichtet und diesen die Fertigkeiten beigebracht würden, deren Anwendung sie in der Folge in den Stand setzen soll, ihr Brot zu verdienen. Dem jüngeren Geschlechte muss man beizukommen suchen. Dieses wird voraussichtlich das Erlernte, wenn es ihm lohnt, auch anzuwenden beflissen sein, während dem Erwachsenen jedes Anlernen einer neuen Beschäftigung gewöhnlich zuwider ist. Höchst erwünscht würde es dabei sein, wenn Privatleute, vielleicht eine Aktiengesellschaft oder sonst ein Verein die Sache zunächst in die Hand nehmen, sodass der Staat nur aufmunternd und unterstützend einzugreifen brauchte.
Wie bereits erwähnt‚ hat dem auch höchste Stelle diesem Gegenstand ihre volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und unter der doppelten Eröffnung einmal, dass man im Bedarfsfalle nicht abgeneigt sei, einem in dieser nützlichen Richtung sich etwa bildenden Privatunternehmen durch Unterstütz­ung aus Staatsmitteln einigermaßen zu Hilfe zu kommen und dann, dass bei Errichtung einer solchen Arbeitsschule am ersten der Versuch zu machen sein werde, dem Sinn für Verfertigung feinerer Holzarbeiten, wie z. B. in Sonneberg und anderwärts hergestellt werden zu wecken und deren Verpflanzung in die Walddörfer anzubahnen‚ uns zur Ergreifung der hiernach erforderlichen Maßnahmen und zu seinerzeitiger anderweiten Berichterstatt­ung zu befehligen geruht, und wir veranlassen nunmehr die Kreishauptmannschaft des Saale-Eisenberg Kreises hierdurch, ihrerseits diesen Gegenstand in sorgliche Erwägung zu ziehen und nach Befinden nach vorgängiger Vernehmung mit einsichtigen, von Gemeinsinn beseelten ortskundigen Männern, auch etwa den Vorständen der in Roda und Eisenberg zu verwandten Zwecken bestehenden Vereine sich gutachterlich darüber zu äußern.
Altenburg am 02.02.1852
Herzoglich Sächsische Landesregierung
gez. Unterschrift.“

Der Kreishauptmann bespricht diese Angelegenheit nun nicht etwa mit den dafür zuständigen Organen der Holzwarenhersteller, wie Leitermacher, Muldenhauer und Holzarbeiter, sondern er legt diesen Vor­schlag den landwirtschaftlichen Vereinen vor. Was dabei herausgekommen ist, fasst er in dem folgende Bericht zusammen.
Bericht der Kreishauptmannschaft des Saale-Eisenberg Kreises in Roda vom 11.12.1852 an die Landesregierung in Altenburg, betreffend den Nahrungszustand in den Walddörfern.

 … Die landwirtschaftlichen Vereine haben sich sämtlich gegen den von Herzoglicher Landesregierung befürworteten, von höchster Stelle berücksichtigungs- und unterstützungswert  befunden Vorschlag erklärt, in die Walddörfer des Saale-Eisenberg Kreises solche Gewerbe zu verpflanzen, wodurch, wie bei den Holzarbeitern, die in Sonneberg, im Sächsischen Erzgebirge‚ in Einsiedel und anderwärts, namentlich in Tirol gefertigt werden, bei verhältnismäßig geringem Holzverbrauch doch eine große Zahl von Arbeitern nähere Beschäftigung finden könnte‚ diese Verpflanzung aber dadurch zu erreichen zu suchen, dass man in den betreffenden Ortschaften Arbeitsschulen für Knaben errichtete und dem jüngeren Geschlechte auf diese Weise die Fertigkeiten beibrächte, deren Anwendung sie späterhin in den Stand setzte, ihr Brot zu verdienen. Bekennen mus ich, dass ich dieser Ansicht der landwirtschaftlichen Vereine Iediglich beizupflichten und dem von ihnen Vorgetragenen nur sehr wenig hinzuzusetzen, daher um die Erlaubnis zu bitten habe, die entgegenstehenden Gründe der Reihe nach unter Bezugnahme auf die betreffenden Aktenstellen im Folgenden vorzutragen:

Die eigentlichen Walddörfer, in welchen man vorzugsweise die Stämme und Bloche zu Brettern, Latten, Pfosten und dergleichen verarbeitet um sich durch den Handel damit zu ernähren und in welchen die meisten Schirr- und Leitermacher, auch Zimmerleute sich finden, gehören mit wenigen Ausnahme dem Kreisamtsbezirke Eisenberg an und sind: Klosterlausnitz, Weißenborn, Tautenhain, Reichenbach. Oberndorf, St. Gangloff und Schleifreisen.

In jenen Eisenbergischen Amtsdörfern sitzen die meisten Schirr- und Leitermacher, die Zimmerleute in Klosterlausnitz mit denen in den benachbarten Walddörfern bilden eine eigene‚ von der in Eisenberg gesonderte sehr zahlreiche Innung. Worin die Veranlassung zu suchen ist, das man gerade in den Walddörfer, die holzverwüstenden Zimmerleute und die zumeist nur auf die besseren und. selteneren Holzsorten für ihren Verbrauch gewiesenen Schirrmacher, bez. unter Begnadigung mit Innungsartikeln zu setzen, anstatt den von jeher anerkannten Grundsatze, dass die Heedewerke in die Städte gehören, gemäß sie nach Eisenberg zu weisen, das ist mir zwar unbekannt, man kommt aber fast auf die Idee, als ob die Erfüllung der Walddörfer mit diesen in Holz arbeitenden Handwerkern entweder aus der längeren Zeit bestandenen Selbstständigkeit der Eisenberger Landesportion oder aus dem Umstand erklärt werden müsse, das man früher einer größeren Menge von Privatwaldungen und über ständiger Holzstämme in den herrschaftlichen Waldungen, dagegen beim Mangel fahrbarer Abfuhrwege

Forstamts wegen selbst durch Herbeiziehung jener Gewerke den Absatz zu befördern gesucht, damit aber im Laufe der Zeit aus den zum Handwerke nicht übergangenen Söhnen derselben die Leitermacher und Brettsäger herangezogen habe‚ wodurch denen gegenwärtig allerdings eine Steigerung der Ansprüche auf Nutzholz aus den Staatswaldungen hat entspringen müssen. Die letztbemerkte tatsächliche Steigerung der Ansprüche ist an­zuerkennen und auch stets anerkannt worden; wenn aber das von Herzoglicher Landesregierung vorgeschlagene Mittel, dieselbe zu mindern und gleich­wohl den Nahrungsstand der Walddörfer nicht zu gefährden, als unausweichend und unausführbar erscheint, so beruht dies darin, dass hierzu:

  1. die in unserm Holzlande erwachsenden Hölzer passend, weinigstens in ausreichender Menge passend nicht aufzufinden;
  2. die Preise unserer Hölzer höher seien, als an denjenigen Orten an welch­en feinere Holzwaren der proporierten Art gefertigt werden, mithin mit den letzteren nicht Konkurrenz gehalten werden könne, auch  die Absatzwege fehlen;
  3. dass die Verfertigung derartiger Holzwaren nur fabrikmäßig mit einem sehr bedeutenden Kapitale und durch Privatleute betrieben werden könne;
  4. folglich der etwaige Gewinn daraus nicht den armen Arbeitern, sondern den Spekulanten zu gute komme‚ während;
  5. unsere jetzigen Holzarbeiter teils durch die Verarbeitung des Holzes, teils durch die erlaubten Nutzungen aus dem Waldungen und sonst ein weit höheren Tagelohn verdienen, als die Arbeiter von Spiel- und der dergleichen Holzwaren in Sonneberg und anderen Orten;
  6. auch ein derartiger gerinerer Lohn hach unseren ganzen Lohnverhält­nissen nicht zum Auskommen der Arbeiter ausreichen, vielmehr, wenn ein solches nicht etwa schon vorhanden ein unglückliches Proletariat herbeizuführen geeignet sei.

Aus diesen Gründen hat man sich auch gegen die beabsichtigten Arbeitsschulen, sehr richtig, wie ich meine, erklärt, weil die Anlernung von Arbeiten, die künftig nicht ausreichenden Broterwerb geben, weder genug nutzt, noch gesucht werden wird, die Gewöhnung an eine nützliche Beschäftigung außer der Berufsarbeit aber, welche wohl sonst sie Motiv für derlei Einrichtungen angeführt, vielleicht auch den Stadtkindern helfen wird, den Kindern in den Walddörfern schon mit den Heidel-, Brom- und Preiselbeeren im Walde anwächst.
Jeder der Schule entlassene Knabe in den Walddörfer sucht sogleich sein Brot zu verdienen, was ihn nicht nährt, wird er nicht lernen, und nicht lernen wollen, gewiss also nicht eine Arbeit, die ihn später nicht einmal den ortsüblichen Tagelohn einbringen kann.
Wenn nun aber die gestellte Aufgabe darin besteht, die Erwerbs- und Nahrungsverhältnisse in den Walddörfern mit den Ansprüchen in Einklang zu bringen, welche dieselben in immer dringendem Verhältnisse an die Staatswaldungen hervorrufen, und wenn darüber meine gutachtliche Äußer­ung erfordert worden ist, so scheint mir hierzu nur einziges wirksames Mittel vorhanden zu sein, das nämlich, die Erwerbs- und Nahrungsver­hältnisse der Walddörfer nach und nach auf ihren normalen Stand zurück zuführen.
Nach Geschichte und Verfassung gehören Handwerke und Handwerker auf die Dörfer nicht, außer insoweit sie den letzteren Bewohnern, des öfteren augenblicklichen bedarfshalber, unentbehrlich erscheinen, und auch dann nur in so geringer Anzahl‚ dass damit dem unabweislichen Bedürfnissen genügt werden kann; daher gehört meiner unvorgreiflichen Ansicht eine Zimmerinnung mit einer Mehrzahl von Zimmermeistern auch nicht nach Klosterlausnitz, wenigstens würde sich die Zahl der letzteren ebenso, wie die der Schirrmachermeister lediglich auf das Bedürfnis des Ortes beschränken, und ich halte dafür, dass ein großer Teil der Ansprüche an die Staatswaldungen nach und nach hinwegfallen würde, wenn man in jedem der Walddörfer beim Abgange der dermalen dort sesshaften Zimmer- und Schirrmachermeister, welche sich übrigens sämtlich zur städtischen Innung halten müssten, nicht mehr Meister sich wieder daselbst niederlassen, als wie viele eben der Ort, teils des Herzoglichen Forstamtes, teils der Ortsnachbarn halber unumgänglich notwendig braucht. Derjenige dieser Handwerksgenossen, welche nach Geschicklichkeit und Vermögen im Stande ist, sein Handwerk selbstständig  zu betreiben, wird auch Aufnahme in der Stadt finden; diejenigen freilich; die dies aus einem oder anderen Grunde nicht sind, werden in ihrem Wohnorte auf dem Lande bleiben und als Gesellen fort arbeiten müssen.
Das platt Land dagegen ist auf Landbau und Handarbeit gewiesen, davon werden sich also auch dessen Bewohner im Allgemeinen zu nähren suchen müssen, und wenn in der Walddörfern der Staat den Arbeitsbedürfnissen dadurch beizuspringen sich veranlasst sieht, dass er ihnen Holz zum Leitermachen oder Brettsägen, oder zur Fertigung von Dachspänen, Mulden und dergleichen auf Anmelden käuflich anweist, so habe ich bereits an einen anderen Orte darüber ausgesprochen welche Bedingungen für eine derartige Anweisung mir als notwendig erschienen sind, um einerseits die Nichthanderker unter ihnen zur Erlernung der eigentlichen landwirtschaftlichen Handarbeiten zu nötigen, andererseits den übertriebenen Ansprüchen zu begegnen, welche an die Staatswaldungen gemacht werden, wobei freilich ich die Leistung des aktiven Militärdienstes nicht als Dienen bei der Landwirtschaft angesehen          wissen möchte. Es wird übrigens bei dieser Gelegenheit von dem landwirtschaftlichen Vereine zu Eisenberg bestätigt, dass es sehr schwer hält, aus den Walddörfern Gesinde zu erlangen. Diejenigen Landbewohner endlich, welche ein Handwerk erlernt aber das Meisterrecht noch nicht erlangt haben, sollten, wie ich meine niemals oder doch nur unter ganz besonderen Umständen auf deren Dauer Holz aus der Staatswaldungen zu jenen Verarbeiten erlangen, sondern zum Arbeiten als Gesellen auf ihren
Handwerke angehalten und ihre Innung zu deren Beschäftigung verpflichtet werden, bevor sie weiter einen Lehrling aufdingen dürfte.

Kann ich nun auch, so notwendig sie an sich sind, die erwähnten Chausseefortbauten als ein Mittel zur Abhilfe des jetzt in Frage befangenen Übelstandes nicht anführen, noch weniger wie geschehen, die Beschränkung der Heiratserlaubnis der Waldbewohner im Gegenüber der anderen Landesuntertanen, irgend befürworten, so muss ich doch die noch in Vorschlag, gebrachte Waldwollfabrikation der hochgeeigneten Erwägung empfehlen von welcher ich freilich nicht habe in Erfahrung bringen können ob Jemand in hiesiger Gegend dieselbe aus eigener Anschauung gelernt hat, und ob dieselbe, des Kiefernnadelreichtums des Westkreises ungeachtet einen Ertrag verspricht.
Hiermit glaube ich dem an mich ergangenen hohen Befehle entsprochen zu haben.
Roda den 11.12.1852
gez. Unterschrift

Der Bericht bringt zweifelsohne viel Richtiges, aber er bringt keinen Vorschlag, wie nun den immer schwieriger werdenden Verhältnissen wirklich  entgegengetreten werden kann. Allein die Waldwollfabrikation findet Gnade vor den strengen Behördenaugen des Kreishauptmannes. Alles andere wird von ihm verworfen.

Mit diesem Bericht endet das Aktenstück.

 

Nahrungslosigkeit = Umschreibung für Not. 
Thüringer Holzland – ab 1920, Hoheitsgebiet Freistaat Thüringen
Altenburger Holzland – bis 1920, Hoheitsgebiet Sachsen-Altenburg (Westkreis)
Schirrmacher – alte Bezeichnung für Holzhandwerker, die Gegenstände für den Hausgebrauch, Garten und Landwirtschaft herstellten.


Quellen:

  1. Landesarchiv Altenburg - Akten der Kreishauptmannschaft des Saale-Eisenberger-Kreises-Landratsamt Stadtroda Rep, A III34. Betreffend die Nahrungslosigkeit in den Dörfern Hermsdorf, Klosterlausnitz und Weißenborn in gleichen in den Walddörfern des Kreises überhaupt. - Jahrgang 1849 und 1852 / 1853.
  2. Volkswacht vom 03.11.1954: Die Nahrungslosigkeit in den Holzlanddörfern um 1849
  3. Volkswacht vom 07.05.1955: Hermsdorfer Begebenheiten in alter Zeit
  4. Heimatblätter für den Kreis Stadtroda - Oktober / November 1958 Nahrungslosigkeit 1848 / 1852
  5. Willy Hädrich †, Regierungsrat a.D. Hermsdorf , Heimat-Bücherei, Band VI, August 1955
  6. Sammlungen Heimatverein Bad Klosterlausnitz
 
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