Prof. Dr. Phil. nat. Theodor Haase

* 14.08.1910 Ahrbeck / Hannover
† 14.01.1979 Freiberg

Prof. Dr. Phil. nat. Theodor Haase
Unter Verwendung von Auszügen aus der Festschrift:
50 Jahre Institut für Silikattechnik der TU Bergakademie Freiberg
Redaktion:
Dr.B.Ullrich, Dr. D. Melzer, Dr. D. Höhnemit
und freundlicher Unterstützung von Prof. Dr.-Ing. habil. i. R. Ernst Schlegel
und Betriebszeitung "Der Isolator" Heft 7 Jahrgang 1950

Theodor Haase wurde 1910 als Sohn eines Gastwirtes in Ahrbeck geboren. Nach Absolvierung der Mittelschule, legte er 1929 an der Oberrealschule Ode das Abitur ab. Danach studierte er von 1929 bis 1934 an den Universitäten Marburg, Berlin und Freiburg Technische Physik und promovierte 1935 bei Geheimrat Prof. Mie in Freiburg mit der Arbeit „Die Absorption von Dezimeterwellen in ionisierten Gasen und die Frage der Absorption von Dezimalwellen in ionisierten Gasen und die Frage der Absorption  langer Wellen durch angeregte H-Atome.“ mit der Note „sehr gut“.
Bis März 1936 war er am gleichen Institut als Assistent bei Geheimrat Prof. Dr. G. Mie tätig. In der Hauptsache befasste er sich mit der Entwicklung leistungsfähiger Senderohre für Dezimeterwellensender und mit piezoelektrischen Problemen. Ferner verschaffte er sich glasbläserische Fertigkeiten an der Landesfachschule für Glasinstrumententechnik Ilmenau / Thür. und bekam so einen Einblick in die Glasindustrie Thüringens.
1936 / 1937 arbeitete er im Sonderlabor der C. Lorenz AG Berlin an der Entwicklung von Rundfunksendern.
Am 04.05.1937 begann Dr. Haase seine Tätigkeit in Hermsdorf und wurde nach kurzer Einarbeitungszeit Chef des Physikalischen Labors. Nach erfolgreicher Tätigkeit in diesem Labor wurde ihm nach Kriegsende auch die Leitung des keramisch-chemischen Labors übertragen, was er zum Anlass nahm, beide Labore zu vereinigen. Seine besondere Fähigkeit zeigte sich vor allem Dingen darin, dass er nach Ende der Demontage in kurzer Zeit das keramisch-chemische Labor wieder aufbaute und einsatzfähig machte. Hervorragendes leistete er bei der Überwindung des Rohstoffmangels. Die Entwicklung von Sondermassen, wie Epsilan, Manifer, Heißleitermassen usw. hat er mit besonderem Elan vorangetrieben.
Er beschäftigte sich vorrangig mit Verbindungsverfahren von Keramiken mit Metallen und Gläsern sowie mit keramischen Formgebungsprozessen. Besonders zu erwäh­nen sind außerdem die Entwicklung von vollkeramischen Elektronenröhren und die Mitarbeit beim Bau des ersten deutschen Betatrons. Weiterhin wurden unter Dr. Haases Leitung im Labor Katalysatoren zur Herstellung von Treibstoffen für Raketen entwickelt, die in den 50er Jahren von der Sowjetunion zur Treibstoffherstel­lung für die ersten Sputniks benutzt wurden.
Im Jahre 1945 vereinigte er das physikalische mit dem keramisch-chemischen zum keramischen Labor. Hier wurden unter seiner Oberleitung so entscheidende Werkstoffentwicklungen wie die von Kondensatorwerkstoffen mit sehr hoher Dielektrizitätskonstante, Ferriten, Halbleiter- und piezoelektrischen Keramiken weitergeführt bzw. begonnen.
Aufgrund seiner Industrie - Erfahrung und seiner erfolgreichen wissenschaftlichen Arbeit wurde er 1950 als an die Bergakademie Freiberg berufen, wo er das Institut für Keramik und die gleichnamige Fachrichtung gründete. Sein Lehr­buch „Keramik“ hat ihn weit über die Grenzen der DDR bekannt gemacht.

In der akademischen Lehre an der Bergakademie Freiberg wurden Probleme der Silikattechnik in dieser Zeit weiterhin in den Bereichen der Eisenhüttenkunde und der Chemischen Technologie behandelt. Die Professoren Carl Friedrich Plattner (1800-1858), Carl Adolf Ledebur (1837-1906) und Clemens Winkler (1838-1904) haben in ihren Lehrveranstaltungen über entsprechende Probleme referiert. Mit dem im Jahr 1903 zum Professor für Metallhüttenkunde berufen Carl Schiffner (1865-1945) fand die Silikattechnik einen ersten Fürsprecher an der Bergakademie. Bereits im Jahre 1910 plante er die Errichtung eines Lehrstuhls mit Forschungslaboratorium für die Ausbildung von Ingenieuren der Keramik und des Zementes. Die sächsische Landesregierung war jedoch im Vor- und Nachfeld des 1. Weltkrieges nicht in der Lage, dafür die entsprechenden finanziellen Vorraussetzungen zu schaffen. Ab dem Jahr 1904 hatte sich das Porzellanwerk Freiberg der „Hermsdorf-Schomburger-Isolatoren GmbH (HESCH0)", zu einem für die damalige Zeit hochmodernen Betrieb für Elektroporzellan einschließlich eines Hochspannungsprüffeldes mit 1 Millionen Volt Stoßspannung entwickelt. Ab 1923 arbeitete dort Dr.Otto Krause (1899 - 1943). Krause habilitierte sich an der Bergakademie Freiberg im Jahre 1928 mit einer bahnbrechenden Arbeit über „Strukturuntersuchungen an Hartporzellan“.

Zum 01.04.1950 erfolgte die Berufung von Dr. Phil. nat. Theodor Haase als Ordinarius für Keramik an die Bergakademie Freiberg, gleichzeitig wurde er mit der Gründung des Institutes für Keramik beauftragt.
Mit dem Wintersemester 1950 konnte mit den ersten Vorlesungen durch Prof. Haase begonnen werden (Feuerfeste Baustoffe und Keramische Technologie). Bereits Im Januar 1950 begann die Bearbeitung des ersten staatlich finanzierten Forschungsauftrages in behelfsmäßig eingerichteten Laborräumen des Braunkohlenforschungs­institutes unter Mitarbeit der ersten Angestellten.
Th. Haase hatte bereits 1953 eine Lehrveranstaltung zu Problemen der Emailchemie und -technologie begonnen, die ab 1954 von Dr. A. Petzold und ab 1962 von Dr. P. Nützenadel weitergeführt wurde.

Großen Wert legte Prof. Haase auch auf eine möglichst praxisnahe Ausbildung der Studenten. Dieser heute noch gültige Grundsatz führte dazu, dass neben dem zunächst einjährigen Vorpraktikum ein einsemestriges Ingenieurpraktikum für alle Studenten eingeführt wurde.  Daneben hatte jeder Student in allen Phasen seiner Ausbildung selbstständige wissenschaftliche Arbeiten zu erledigen, deren Themen oft durch Haases Fachkollegen aus der Industrie angeregt wurden. Aus Übungen zu Lehrzwecken erwuchsen daraus häufig wichtige Forschungsvorhaben, die neben Dissertationen und Habilitationen für langjährige und erfolgreiche Verbindungen zur Industrie sorgten.
Die Gesamtzahl der Institutsmitarbeiter war 1970 auf über 30 gestiegen, davon ca. 10 wissenschaftliches Personal. Die Bilder 8 - 10 zeigen die Mitarbeiter des Institutes im Zeitraum 1952 bis 1972. Prof. Dr. Haase war es mit seinen Mitarbeitern in den fast 20 Jahren gelungen, eine moderne und leistungsfähige Ausbildungs- und Forschungseinrichtung aufzubauen. Neben ausreichenden räumlichen Voraussetzungen, war ein moderner Labor- und Gerätepark entstanden. Gut funktionierende Werkstatteinrichtungen, die Prof. Haase weitsichtig bereits in der Gründungsphase des Institutes aufbaute, trugen dazu bei, dass Beschaffungsprobleme besonders von Öfen und Prüfgeräten bedingt durch den ständig herrschenden Devisenmangel, durch einen qualifizierten Geräteeigenbau zum Teil kompensiert werden konnten. Der in den ersten Jahren nach der Institutsgründung herrschende Lehrbuchmangel wurde zunächst dadurch geschlossen, dass im Selbstverlag der Bergakademie interne Lehrbriefe erstellt wurden, die durch Aktualität und hohes Niveau eine solche Verbreitung erfuhren, dass sie später erweitert und als Standardwerke gedruckt nicht nur im deutschsprachigen Raum eine weite Verbreitung fanden (z.B. Haase, TK: Keramik, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, 3. Auflage, Leipzig 1970), Zu dieser Aufgabe fühlten sich auch in den weiteren Jahren die Hochschullehrer und Mitarbeiter verpflichtet (siehe auch Anhang 3.2). Nicht zuletzt trug die von Prof. Haase gegründete kleine, aber mit allen Standardwerken und wichtigen Zeitschriften ausgestattete und immer auf dem neuesten Stand gehaltene Institutsbücherei, zu einer problemlosen Arbeit bei. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass Haase stets großen Wert darauf legte: seine Absolventen möglichst eng an das Institut zu binden. Von Prof. Haase initiiert, wurden in regelmäßigen Abständen Absolvententreffen in Freiberg organisiert die mit ihrer großen Teilnehmerzahl noch heute zu den größten Veranstaltungen dieser Art an der TU Bergakademie Freiberg zählen.

Am 01.09.1975 wurde Prof. Dr. Haase nach 25-jährigem Wirken an der Bergakademie Freiberg emeritiert. Etwa 500 Absolventen können sich als seine Schüler bezeichnen. im gleichen Jahr erfolgte die Berufung von Dr. W. Schulle zum Honorarprofessor für Keramik an die Bergakademie Freiberg. Schulle hatte bei Prof. Haase im Jahre 1960 das Diplom abgelegt und im Jahre 1963 bei ihm promoviert. 
   
Prof. Dr. Phil. nat. Theodor Haase Prof. Dr. Phil. nat. Theodor Haase
um 1950 um 1970