Oscar Arke - der zweite Direktor nach Hermann Koch

• 07.03.1854 Berlin
†17.08.1926 (vermutlich Berlin-Zehlendorf)
© Friedmar Kerbe & Stefan Lechner
 
In direkter Nachfolge für Hermann Koch wurde 1892 durch Geheimrat Gustav Strupp vom Bankhaus B. M. Strupp in Meiningen Oscar Arke an die Spitze des Hermsdorfer Unternehmens berufen.

Das Bankhaus Strupp wurde 1878 gegründet, 1918 erwarb die "Bank für Thüringen" vorm. B.M. Strupp" in Meiningen eine 99 % ige Beteiligung, wurde aber ihrerseits kurz darauf von der "Deutsche Bank und Disconto-Gesellschaft" übernommen. 1929 erfolgte die Übertragung des Geschäfts auf den Hauptaktionär Deutsche Bank. Es spielte für das Porzellanwerk Kahla und Hermsdorf eine bedeutende Rolle, auch eine reichliche Spende für den Bau des Hermsdorfer Rathauses ist überliefert.

Zwei Jahrzehnte sollte diese verantwortungsvolle Tätigkeit in Hermsdorf währen - Jahre, in denen strategische Entscheidungen für ein ganzes nachfolgendes Jahrhundert getroffen wurden.

Oscar Arke verzichtete auf den Einzug in die Direktionsvilla „Villa Koch“ ihm war es hier zu laut. Er nahm seinen Wohnsitz in Klosterlausnitz. Nach ihrem Neubau und Auszug des Erstmieters Hermann Koch erfolgte ein Umbau und das Haus wurde bis 1945 als Verwaltungsgebäude genutzt.
Ausnahme war nur, dass von 1926 bis 1945 dort die Familien Meixner, Zempelin (Keramikdirektor) und Wolf ihren Wohnsitz hatten.
Oscar Arke - der zweite Direktor nach Hermann Koch
Oscar Arke wurde am 07.03.1854 in Berlin geboren. Dort war er zunächst für Jahre in der Porzellanfabrik H. Schomburg & Söhne tätig, wo er sich vor allem brenntechnischen Fragen widmete und durch Verbesserung der Ofenführung außerordentliche Fortschritte erzielte.

Die Firma Schomburg begann bereits 1866 auftragsgemäß mit der Fertigung von Telegraphen Isolator. Und nun in Hermsdorf stand Arke vor der Aufgabe, in dieser 1890 in Betrieb gegangenen Porzellangeschirrfabrik die Fertigung von Elektroporzellan zu organisieren. Das bedeutete umfangreiche betriebliche Umstellungen. Neben den damals schon allgemein verbreiteten Schwachstrom-Isolatoren, die von Hermsdorf bald in großen Stückzahlen an Post- und Eisenbahnbehörden des In- und Auslandes geliefert wurden, erlangten nach der erfolgreich verlaufenen ersten Drehstromübertragung von Lauffen nach Frankfurt/Main im Jahre 1891 vor allem Hochspannungs- Freileitungsisolatoren eine rasant zunehmende Bedeutung.
 
Porzellanwerk um 1910
Das Porzellanwerk Hermsdorf um 1910
 
HESCHO Werbeplakat
HESCHO Werbeplakat
HESCHO Werbeplakat
HESCHO Werbeplakat
   

Schon 1893 konnten von Hermsdorf, dank des großen Engagements von Oscar Arke, die ersten Hochspannungs-Isolatoren mit zylindrischem Mantel und im Folgejahr Spezialisolatoren für die Beleuchtung des Nord-Ostsee-Kanals geliefert werden.
Bedeutungsvoll für die gesamte Entwicklung der Hochspannungs-Isolatoren wurde das enge Freundschaftsverhältnis, das Oscar Arke mit Prof. Robert M. Friese, damals Chef der Wechselstrom-Abteilung der Elektrizitäts-Gesellschaft vormals Schuckert & Co. in Nürnberg, verband. Resultat dieser technischen - experimentellen Zusammenarbeit war die Erfindung der Delta-Glocke im Jahre 1897, mit der eine stürmische Entwicklung der Porzellanfabrik Hermsdorf einsetzte.

Die systematischen Untersuchungen von Prof. Friese veranlassten Direktor Arke 1901 zur Errichtung eines Prüffeldes (Bilder unten), welches für alle in Betracht kommenden Versuche und Prüfungen genutzt wurde. Aus heutiger Sicht ein großer Verdienst.

Prüffeld
Prüffeld
   
Prüffeld

Prüffeld

 

Daraus resultierte auch 1904 die erste Monografie über die Verwendung des Porzellans als Isolier- and Konstruktionsmaterial in der Elektrotechnik, herausgegeben von Prof. Friese unter Mitwirkung von Oscar Arke.

   
Buchtitel
Plakat zum Jubiläum
Buchtitel
Plakat zum Jubiläum

Oscar Arke holte Spezialisten nach Hermsdorf. So berief er zum 01.04.1903 den damaligen Assistent des Physikalischen Institute der TH Dresden, William Weicker, als Leiter des Hochspannungsprüffeldes, das Weicker 1907 zu einem Versuchsfeld für Hochspannungsisolatoren ausbaute, und zwar in eine, Größe, wie sie damals an keine, anderen Stelle in Deutschland bestand. Und in diesem Prüffeld fand schließlich am 01.08.1908 Friedrich Scheid nach Abschluss der Königlich-Bayerischen Industrieschule in Nürnberg ein reiches Arbeitsfeld, besonders bei der Weiterentwicklung des Delta-Isolators.
Die großen Erfahrungen von Arke auf dem Gebiet des Elektroporzellans flossen auch ab 1904 in Planung and Aufbau der Porzellanfabrik Freiberg / Sa. der Kahla AG ein. Auch an der 1910 erfolgten Gründung des Syndikats der Vereinigten Porzellan-Isolatoren-Werke war Arke maßgeblich beteiligt. Etwa um 1910 wurde mit Erzeugnissen des Chemieporzellans eine neue Hermsdorfer Traditionslinie begründet.

 

Eine andere Seite offenbart sich von Oscar Arke in einem Brief, den er am 24.09.1895 an das Herzoglich Sächsische Landratsamt Roda schrieb. Die Abschrift des Briefes lautet:
 
Eingangsvermerk:
Ministerium des Inneren
25.Sept. 1895 Altenburg S. A.
M. R. III Nr. 4748
Hermsdorf - Klosterlausnitz, den 24.September 1895
 
An das Herzoglich Staatliche Ministerium
Abteilung Inneres
in Altenburg

Schon seit längerer Zeit machen sich in Hermsdorf unter den daselbst ansässigen Porzellandrehern und Malern der Porzellanfabrik Zustände bemerkbar, deren Beachtung im öffentlichen Interesse geboten erscheinen dürften. Ich meine die sozialdemokratische Propaganda, welche sich in den Ansammlungen der genannten Arbeiter in der unverschämten Weise breit macht und die mit einer Gefährlichkeit für die übrige Bevölkerung des Ortes von den Agitatoren durch polizeiliche Maßnahmen nicht ein Damm entgegengesetzt wird, so in jedem Ort, in dem sich eine Porzellanfabrik befindet, so besteht auch in Hermsdorf unter der Bezeichnung „Ortsverein“ eine Vereinigung des daselbst ansässigen „Dreher und Maler Personals“. Dieser Ortsverein hält jeden Monat eine Versammlung ab.
Statt das jedoch in diesen Verhandlungen Vereinsfachangelegenheiten besprochen werden, bilden dieselben nichts weiter als den Sammelpunkt für sozialdemokratische Umtriebe. Fachgenossen, welche nicht  erwiesenermaßen dieselbe Gesinnung bestätigen, sind von dem Besuch dieser Veranstaltungen ausgeschlossen und es wird sogar eifrig darüber gewacht, dass keine Unberufener Zutritt erhält, der den Lauscher an der Tür spielt. Fast zu jeder Versammlung treten Gäste als Redner von auswärts auf.

Welche Folgen eine derartige geheime Agitation nach sich zieht wird die Zukunft sehr bald zeigen. Die Anfänge machen sich schon jetzt bemerkbar, sie spiegeln sich in Vorgehen gegen die Fabrikordnung und in hetzerischen Zeitungsartikeln der sozialdemokratischen  Presse  - den Wähler Nr. 74 vom 14. September 1895 – wieder und werden, wenn der Schein nicht trügt, in einem gewalttätigen Streik für nächstes Frühjahr gipfeln. Wie mit ein solchen aber für Hermsdorf und dessen nähere Umgebung ein empfindlicher sekundärer Schlag sein dürfte, erhellt darauf, daß die hiesige Fabrik wöchentlich ein Lohnbetrag von durchschnittlich 5600,- zur Auszahlung bringt.

Meine ganz ergebene Bitte als Leiter der hiesigen Fabrik geht dahin: Das hohe Herzogliche Ministerium woll hoch gnädigst von meiner durchaus objektiven Schilderung der hiesigen Verhältnisse Kenntnis nehmen und nach Kräften derselben die geeigneten Schritte tun. Nach dem Statut des hiesigen Ortsvereines der hiesigen Porzellandreher und Maler haben alle diejenigen Mitglieder auszuscheiden, welche zwei Wochen und länger keine Beiträge gezahlt haben. Solche Mitglieder gibt es aber meines Wissens mehrere.

Eine polizeiliche Auflösung des Vereins dürfte daher wohl gesetzmäßig sein, andernfalls würde eine polizeiliche Überwachung der Versammlungen des Ortsvereins ohne Zweifel schon eine Verbesserung der Zustände herbeiführen, weil damit die Brutstätte der Agitation lahm gelegt wird. Die Ausweisung des Vorstandes des hiesigen Dreherpersonals, des Drehes Friedrich Larsen geboren am 13.10.1865 in Kopenhagen, als des wütensten Agitators würde sich allerdings als ebenso notwendig erweisen, weil damit zugleich der Propaganda die Führerschaft , um die sich alles schart, entzogen würde.

Ich nehme in vorzüglicher Hochachtung und Ergebenheit
gez. Oscar Arke (L.L.)

L.R.A. Roda 26. September 1895  Aa 1561


 
Bemerkung:
In seinem Brief ging Arke davon aus, dass es im kommenden Jahr - also 1896 - zu einem "gewalttätigen Streik" kommen würde. Über einen Streik im Jahr 1896 ist nichts überliefert.
Die Arbeiter der Porzellanfabrik Kahla, Filiale Hermsdorf führten im Jahr 1912 einen vier (andere Quellen sprechen von sieben) Wochen andauernden Sympathiestreik mit den Porzellanarbeitern von Berlin-Teltow durch.
 

Am 01.04.1912 schied Direktor Arke gesundheitshalber aus und siedelte nach Berlin-Zehlendorf über. Im Ruhestand blieb er seinem Lebenswerk als technischer Beirat des Aufsichtsrates eng verbunden.
Seitenanfang