Friedrich Wilhelm Sperhake - genannt Paul - Bürgermeister

* 06.07.1879  Langensalza
18.03.1955 Jena
Wilhelm Sperhake
 

Wilhelm Sperhake erlernte nach dem Schulbesuch den Beruf eines Buchdruckers. Nach der Lehre ging er vom Juli bis Dezember 1898
in Deutschland und Holland auf die Walz. In seinem Quittungsbuch aus dieser Zeit ist als Vorname Paul eingetragen. Im Geburtenregister steht bei ihm „genannt Paul“ als amtlicher Eintrag.

Ende 1929 zog er von Mühlhausen nach Hermsdorf und wohnte in der heutigen Eisenberger Straße 73 (damals Bahnhofstr. 29).

In dem 1877 gebauten Haus war bis 1929 die Werkstatt des Glasermeisters Friedrich Bauer. Danach übernahm dessen Schwiegersohn Glasermeister Hermann Schnacke das Geschäft. Schnacke verunglückte 1931 tödlich mit einem Motorrad auf der Bahnhofsbrücke. Das Haus kaufte Schneidermeister Karl Ziche, der dort seine Werkstatt bis 1978 führte. Seine Frau war eine geborene Sperhake. Ihr Bruder zog mit in das Haus ein.

 

Mitte der 1920-er Jahre war die SPD in Hermsdorf eine starke politische Kraft. Dies äußerte sich u.a. auch in solchen Sachverhalten, wie:

  • Das Rathaus wurde Gewerkschaftshaus.
  • Verzögerung der Errichtung eines Kriegerdenkmals (sollte verhindert werden).
  • Kurz nach der Zusammenschließung trennte sich die geschaffene Großgemeinde (Bad Klosterlausnitz -  Hermsdorf - Weißenborn) wieder.
  • Bau des 30-Familien-Hauses (Am Neuen Haus),
  • Bau des Freibades u.a.

Obwohl dies (bisher) nicht nachvollzogen werden kann, ist dem auch vermutlich die Tatsache geschuldet, dass Wilhelm Sperhake nach Hermsdorf kam, bzw. geholt wurde, um hier vom 03.10.1929 bis 17.03.1933 Bürgermeister zu werden. Wilhelm Sperhake war am 01.11.1900 im Alter von 21 Jahren der SPD in Mühlhausen beigetreten.

     

Nach dem 2.Weltkrieg wurde er vom 01.05.1945 bis 20.04.1949 erneut Bürgermeister von Hermsdorf.


Dienstausweis aus der Zeit der sowjetischen Besatzungsmacht.

Am 20.04.1949 wurde er von Johannes Rabitzsch als Bürgermeister abgelöst. Er übernahm den Posten als Direktor für Soziales und Kultur in der Hescho.

Seine Amtszeit nach dem 2. Weltkrieg wurde dadurch geprägt, dass die gesamte Verwaltung der sowjetischen Militäradministration Thüringens unterstand und deren Anordnungen ausgeführt werden mussten. Hinzu kam der Mangel an Lebensmitteln und Dingen des täglichen Lebens sowie eine enorm große Zahl an Flüchtlingen und Aussiedlern. Gerade diese 2. Amtszeit war durch viele - für ältere Bürger noch heute unpopuläre - Maßnahmen gekennzeichnet, wie zum Beispiel:
  • Anordnungen zu Arbeitseinsätzen
  • Schützenhilfe bzw. Ausführung von Enteignungen
  • Zwangsräumungen von Wohnräumen
  • Beschlagnahme von persönlichem Eigentum (Autos, Radios u.v.a.)
  • Wohnungsbesichtigungen mit Versiegelung oder Beschlagnahme von Rundfunkgeräten.

Quittung für das oben abgebildete Radiogerät

In die Amtszeit von Wilhelm Sperhake fallen eine Reihe von Ereignissen (siehe Chronik):

  • Am 13.04.1945 besetzten die Amerikaner Hermsdorf, am 01.05.1945 wurde er als Bürgermeister eingesetzt.
  • 03.05.1945 er übernahm von sich aus die Aufsicht über die MUNA in Oberndorf, um den Plünderungen  Einhalt zu gebieten. Darüber unterrichtete er den Landrat in Stadtroda.
  • 07.05.1945 Bis zum Kriegsende waren in den Baracken am Oberndorfer Weg (Ostlager), im sogenannten Männerlager und im Ziegeleilager über 2000 Arbeiter aus der Sowjetunion, Polen, Frankreich, Belgien, Holland, Italien und Albanien untergebracht. Deren Rücktransport in die Heimatländer war zu organisieren.
  • 16.05.1945 In einer Bekanntmachung forderte Bürgermeister Sperhake die Einwohner auf, jeden Meter Boden zur landwirtschaftlichen Nutzung zu bearbeiten, da die angespannte Ernährungslage dies erforderte.
  • Von Anfang März bis 19.05.1945 zogen 881 Flüchtlinge durch Hermsdorf, die auch verpflegt werden mussten.
  • Am 04.07.1945 wird Hermsdorf von der Roten Armee besetzt, Sperhake wurde im Amt bestätigt.
  • Obwohl nicht mehr Bürgermeister - in seine Amtszeit fiel der Neuaufbau der Schule - war er am Festakt, der Namensgebung „Friedensschule“ und der Schlüsselübergabe am 15.10.1949 beteiligt.

        

In seiner Zeit als Direktor für Soziales und Kultur der Hescho setzte er sich für die Durchsetzung der sozialer Belange im Betrieb und im Ort Hermsdorf nach sowjetischer Vorgabe ein. Das Antifahaus wurde zum Kulturhaus ausgebaut und die kulturelle Betätigung gefördert. Gleichzeitig kam es aber dabei zu Diskrepanzen zwischen ihm und den Kulturgruppen. Er wollte diese z. B. verpflichten nur noch Darbietungen mit sozialistischen Inhalten oder Problemen der Arbeiterbewegung aufzuführen, klassische, kritische oder moderne Darbietungen sollten unterbleiben.

Während der Zeit als Direktor für Soziales und Kultur war Wilhelm Sperhake gleichzeitig stellvertretender Bürgermeister.


Wilhelm Sperhake erhält Glückwünsche.


Zu seinem 70. Geburtstag wurde ihm die Ehrenbürgerschaft von Hermsdorf verliehen.


Am 18.03.1955, im Alter von 76 Jahren, verstarb Wilhelm Sperhake im Krankenhaus in Jena.
Er wurde auf dem Friedhof in Hermsdorf beigesetzt, das Foto zeigt die Trauerfeier am Grab von Wilhelm Sperhake.
Vorn von rechts: Schneidermeister Karl Ziche & Frau Elisabeth, dazwischen Karl-Heinz Ziche,
Gerhard Sperhake mit Frau Irma geborene Witt, Kurt Sperhake, Rosmarie Ziche
Trauerredner Willy Gebhardt Innenminister von Thüringen,
links dahinter Artur Pöllath und ?? Hein

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