Luftangriffe auf Hermsdorf - Erlebnisbericht von Günter Plötner

 
Im Verlaufe des Krieges fielen auch in Hermsdorf mehrmals Bomben. So wurden die ersten zwei Häuser der Kirchenholzsiedlung stark beschädigt.  

Der schwerste Angriff durch amerikanische Jagdbomber erfolgte am 09. April 1945, gegen 12:00 Uhr, aus südlicher Richtung. Durch den Abwurf von Brand-, Phosphor- und Sprengbomben sowie den Folgeschäden davon, wurden folgende Grundstücke teilweise oder völlig zerstört.

Schulstraße:

  • Werkstatt der Kistenfabrik Herling (später Wäscherei, dann Autohaus Koth, heute VEMOS Lebensmitteltechnik GmbH);
  • Das alte Gebäude der Schule (heutige Friedensschule);
  • Werkstatt und Lagerplatz der Kistenfabrik Krautwurst (heute Reihenhäuser an der Friedenssiedlung);
  • Wohnhaus auf dem Grundstück Jahn;
  • Sägehalle, Wohnhaus und Holzplatz des Sägewerkes Herling;
  • Werkstatt des Leitermachers Schilling;
  • Wohnhaus von Otto Schilling;
  • Werkstatt der Glaserei Wetzel;
  • Sägehalle, Büro- und Wohnhaus des Sägewerkes Kraft;

Wiesenstraße:

  • Im Wohnhaus Eichler riß eine Phosphorbombe ein Loch in die Außenwand und explodierte aber zum Glück erst im Vorgarten;
  • Wohnhaus auf dem Grundstück Füchsel;
  • Werkstatt der Böttcherei Gräfe;

Neue Straße:

  • Wohnhaus der Familie Gräfe;
  • Im Wohnhaus der Familie Plötner konnten die Brandbomben durch die Bewohner sofort gelöscht werden;

Hindenburgstraße (heute Eisenberger Straße):

  • Wohnhaus der Fleischerei Peukert;
  • Auf dem Grundstück Krieg konnten die Brandbomben, die im Garten einschlugen, sofort gelöscht werden;
  • Werkstatt der Stellmacherei Böhme;
  • Wohnhaus des Zigarrenhändlers Schlegel;
  • Wohnhaus und Nebengebäude des „Kaffee Rühling“. Eine Frau und zwei Mädchen verbrannten im Haus.
  • Werkstatt, Wohnhaus und Nebengebäude der Tischlerei Claus.
  • Weiterhin schlugen in einigen Gebäuden noch Brandbomben ein, die nicht explodierten und zum Beispiel in Wäschekörben nach unten getragen wurden.

Der Einsatz der Feuerwehr verlief anfänglich wenig erfolgreich, da die Löschkräfte nicht ausreichten. Die wenigen Kräfte der Hermsdorfer Freiwilligen Feuerwehr und der Hescho - Wehr, die noch vorhanden waren wurden durch Angehörige der Hitlerjugend und Bund Deutscher Mädchen (BDM) aufgefüllt, die durch Gesetz zum Dienst in der Feuerwehr verpflichtet wurden.
Unterstützung erhielt die Feuerwehr durch die Bevölkerung, die in Hermsdorf stationierten Kräfte des Reichsarbeitsdienstes und der technischen Nothilfe, die mit Eimerketten versuchten den Flammen Herr zu werden.
Später kam noch ein Löschzug der Berufsfeuerwehr Gera hinzu.

Das LF15 der Hescho und die Elite wurden an den Teichen am Friedhof zur Wasserför-derung eingesetzt. Je eine TS 8 stand an den Teichen bei Kraft und Hädrich und die Handdruckspritze arbeitet am Tiefbrunnen im Sägewerk Kraft.
Wegen eines Stromausfalls funktionierten die Pumpen im Wasserwerk in der Warnsdorf nicht, somit war eine Löschwasserversorgung über die Hydranten nicht möglich.
Der Löscheinsatz wurde fortwährend durch den Beschuß der amerikanischen Jagdbomber gestört.

Dies alles hatte zur Folge, daß auch Gebäude ein Opfer der Flammen wurden obwohl sie nicht von Bomben getroffen wurden. So geriet zum Beispiel die Schule erst später durch einen brennenden Bretterstapel der benachbarten Kistenfabrik Krautwurst in Brand.
In der Tischlerei Claus brannte nur die Werkstatt. Später erst fing das Wohnhaus und die Garage, in welcher der Leichenwagen der Gemeinde untergestellt war, Feuer. Obwohl die Garage direkt an der Straße stand und der Wagen mühelos herausgezogen werden können, ließ man ihn verbrennen. Dies führte zu großer Kritik der Bevölkerung an den Einsatzleiter der Feuerwehr. Dieser war kein Führungskader der Feuerwehr sondern ein Amtsleiter der NSDAP (im Volksmund auch "Goldfasan" genannt).

Bild der Kutsche 1934
Bild der Kutsche 1934

Unter welchen schweren Bedingungen die Feuerwehr in den letzten Kriegsmonaten arbeiten musste, zeigt auch der Bericht eines langjähriger Angehöriger der FF Stadtroda , der als Verpflichteter der HJ-Feuerwehr in Hermsdorf mit zum Einsatz kam:
„Für den Einsatz nach den Angriff auf Hermsdorf wurden in Stadtroda auf dem Markt die Angehörigen der Feuerwehr, bestehend aus zwei Frauengruppen, davon eine vom Landratsamt, HJ - Feuerwehr sowie einige Kriegsuntaugliche, zusammengerufen. Sie wurden auf Lastkraftwagen der Waffen-SS nach Tröbnitz gefahren. Dort sollten Löschfahrzeuge aus Görlitz und Dresden besetzt werden. Diese waren von der Wehrmacht vor den vorrückenden Russen nach Waltersdorf und Tröbnitz verlagert worden. Als Einsatzleiter wurden die Kameraden Schilling aus Stadtroda und Wirkungsbereichsleiter Blume aus Jena eingesetzt. Auf der Fahrt nach Tröbnitz wurde der Opel B4 nähe der Gärtnerei von Jagdbombern beschossen und Kamerad Schilling verletzt. Auf der Autobahntankstelle Hermsdorf sollten die Fahrzeuge aufgetankt werden. Diese wurden von der Feldgendarmerie verhindert, da das Benzin nur für die Wehrmacht bereitgestellt wurde. Die Kräfte aus Stadtroda waren in der Schulstraße Hermsdorf im Einsatz. Als diese nach dem Einsatz wieder nach Hause fuhren war die Tankstelle in Brand geschossen und ausgebrannt.“