Es gab eine Zeit,
da waren die Produkte des Stellmachers begehrt und nahezu unentbehrlich.
Das ist inzwischen mehr als 50 Jahre her. Und dennoch erinnern sich noch
heute die älteren Hermsdorfer gut und gern an „PÖHLERs
Paul“, der sich mit seinen Wohnwagen, Karosserieaufbauten, Pferde-,
Gummi- und Handwagen, Wagenrädern, Skiern, und Schlitten einen Namen
machte. Nicht selten hat so manches Paar Skier bis heute all die Jahre
überdauert und genießt Seltenheitswert.
Mit unbändigem Fleiß und bewundernswerter Geschicklichkeit
fasste Paul PÖHLER als „Zugelaufener“ in Hermsdorf
nicht schlechthin Fuß, sondern gründete 1920 das Unternehmen „Wagenbau
PÖHLER“.
Auch heute, 86 Jahre später, steht der Name Pöhler für
ein Unternehmen, dessen Tradition Gerhard Pöhler von 1965 bis 1993 ganz
im Sinne seines Vaters und Firmengründers bewahrte und 1993 an seinen
Schwiegersohn Oliver Spoddeck weitergab. |
Seitdem prägt die PÖHLER-Spoddeck
GmbH ein „zeitgemäßer“
Geschäftsgegenstand mit Innenausbau-Trockenbau-Brandschutz.
Am
16. März 1894 wurde Paul PÖHLER in Tschirma geboren. Seine Liebe
zu Holz und seine handwerkliche Begabung ließen den damals 14 jährigen
Paul das Stellmacherhandwerk in der Eckartsbergaer Stellmacherei Reichard
erlernen. Wie für viele seinesgleichen gehörte die Verpflichtung
des Gesellen, für eine geraume
Zeit in der Fremde zu arbeiten, auch für ihn zur Selbstverständlichkeit.
Außerdem war die Gesellenwanderung (Walz) damals nicht nur Pflicht,
sondern zugleich Bedingung für die Zulassung als Handwerksmeister.
Die Walz führte Paul PÖHLER u .a. in die Leipziger und Geraer
Gegend und schließlich auch nach Hermsdorf.
In
der Naumburger Str. 5 (bei „Audis“, heutige Metallbaumeister
Heiko Claus) richtete er sich eine kleine Werkstatt ein, die ihm Neuanfertigungen
und Reparaturen
vor allem für landwirtschaftliche Geräte sowie Autoaufbauten
und erste Wagenbauten ermöglichte. Vor allem seine Wagenbauten waren
es schließlich, mit denen sich Paul PÖHLER neben den zur damaligen
Zeit bereits existierenden Stellmachereien Hermann Böhme und Emil
Böhme behauptete. In den 30er Jahren – inzwischen mit Ida PÖHLER,
geb. Plötner, verheiratet und in deren Geburtshaus in der Hindenburgstr.
50 (heute Eisenberger Str.) wohnhaft - baute er an gleicher Stelle (s)eine
Werkstatt.
Maschinen wie Bandsäge,
Abrichte, Hobel- und Radmaschine gehörten zum ersten Inventar. Seitdem
bildete der stets rastlose Geschäftsmann und Lehrmeister Paul PÖHLER
insgesamt ca. 15 Lehrlinge zu Gesellen aus. Jeweils zwei der Gesellen
genossen in den Jahren 1940 bis 47 darüber hinaus Kost und Logis,
wurden von Ida PÖHLER bestens versorgt.
Unbedingte Pünktlichkeit und
Fleiß verlangte der Meister nicht nur von seinen Gesellen. Gleiches
forderte er von Sohn Gerhard, geboren im Jahre 1930, der sich als 13 jähriger
in die strenge elterliche Lehre begab und 1953 seine Meisterprüfung
absolvierte. Ein Anbau an die bestehende Werkstatt im Jahre 1947 diente
als Schmiede für Schweißarbeiten, der Herstellung von Karosserien
und Handwagen, die zum Teil auch selbst beschlagen wurden. Darüber
hinaus pflegte der Stellmachermeister eine enge Zusammenarbeit mit den
Hermsdorfer Schmiedemeistern Steingrüber und Claus sowie Müller
in Thalbürgel.
Bereits
ein Jahr später schaffte der Tüftler und Bastler Paul PÖHLER,
der selbst gern Maschinen entwickelte und ausprobierte, die entsprechenden
Voraussetzungen, um den aus der alten Kraftsdorfer Sägemühle
ausgemusterten und abgerissenen Horizontalgatter wieder aufzubauen. Von
nun an konnte sämtliches Rohholz im eigenen Betrieb geschnitten
und weiter verarbeitet werden. Mit
ihren 154 qm und einer Höhe von 4 Metern bot die 1953 - 1954 erbaute
neue Werkstatt alle notwendigen Bedingungen für den Wohnwagenbau.
Unter anderen drei Meter lange Einachser, Wohnwagen für den Straßenbau
mit einer Länge von sechs Metern und später 10 Meter lange Wagen
für Schausteller trugen die unverwechselbare Handschrift seines Erbauers
Paul PÖHLER, dessen Sohnes Gerhard und der Gesellen. U.a. mit Wohn-
und Planwagen präsentierte sich der Wagenbau PÖHLER zur Hermsdorfer
700-Jahr-Feier im Jahre 1956 eindrucksvoll und unvergesslich.
Im Jahre 1965, die Gesellen hatten inzwischen
dem zunehmend schlecht bezahlten Handwerk den Rücken gekehrt, um
z.B. in der HESCHO besser zu verdienen, übernahm Sohn Gerhard die
elterliche Werkstatt. Obwohl an Diabetes schwer erkrankt und einer unvermeidbaren
Beinamputation im Jahre1966, verfolgte der Altmeister Paul PÖHLER
im Rollstuhl sitzend tagtäglich das Geschehen in seiner Werkstatt
- Ihm stets zu Seite seine große Leidenschaft - die
Boxerhündin Asta.
Am
26.03.1967, wenige Tage vor der bevorstehenden zweiten Amputation, verstarb Paul
PÖHLER, der Obermeister seiner Berufsgruppe. |