Dampfziegelei und Baugeschäftes Erich Heuschkel - Teil 2 - 1836 bis 1953 (zum Teil 1)

© Stefan Lechner mit freundlicher Unterstützung von Gerhard Heuschkel
 
Erich Heuschkel

Erich Heuschkel * 01.02.1900 in Oberndorf† 19.02.1976, Bergisch-Gladbach

Baumeister Erich Heuschkel wurde als Sohn des Maurermeisters und Baugeschäftsinhabers Albin Heuschkel geboren. Er heiratete 1928 Helene Bocklisch aus Albersdorf und zog dann nach Hermsdorf, Schulstrasse 51. Dort wurde auch das Baugeschäft am 14.10.1930 gegründet und am 24.05.1933 in die Handwerksrolle eingetragen. Sohn Gerhard kam 1931 zur Welt. Tochter Eva wurde 1935 und Sohn Bernd 1940 geboren.

 

Gewerbeanmeldung 1930
Gewerbeanmeldung des Baugeschäftes vom 14.10.1930

Briefkopf

   
Lageplan 1934 wurde ein Eigenheim auf dem Grundstück Schulstraße 27 mit Lagerplatz und zwei großen Lagerschuppen geplant. Dazwischen war ein privater Durchgang zur Ernststraße. Das Grundstück für das Privathaus wurde von Walter Flemming aus Elterlein erworben, der Teil mit Lagerplatz und Schuppen wurde gepachtet.
Dessen Bruder Hermann Georg Richard Flemming war vom 01.10.1933 bis 29.06.1935 Bürgermeister in Hermsdorf.


Fertigstellung und Einzug war Mitte 1935. Das Geschäft entwickelte sich gut, so dass

1938 = 85 Arbeiter und
1939 = 115 Arbeiter beschäftigt waren.

Interessant vielleicht auch die Lohnsummen:

1938 = 127 000 RM und
1939 = 154 000 RM.

Viele Bauten wurden realisiert, so auch zum Beispiel

Auch am Wiederaufbau der durch die Bomben beschädigten Häuser waren wir beteiligt, wobei ich zu dieser Zeit bis zum Schulbeginn, als Maurerlehrling tätig war. Sogar Bauten in Bernau am Chiemsee mussten während des Krieges ausgeführt werden.

Die Ziegelei Schlenzig wurde etwa 1936 / 1937 dazu gepachtet und bis Ende 1944 mit gutem Erfolg geführt.

Erich Heuschkel wurde nicht zur Wehrmacht eingezogen und deshalb 1944 als Bauleiter nach Grosseutersdorf bei Kahla, zum Aufbau der unterirdischen Messerschmidt - Flugzeugwerke (ME 262) - der REIHMAG -dienstverpflichtet. Die REIMAHG (Akronym von Reichs Marschall Hermann Göring) war in den Jahren 1944/45 ein unterirdisches Rüstungswerk im Walpersberg bei Kahla in Thüringen. Hier sollte die Messerschmitd Me 262, der erste in Serie gebaute Strahljäger, produziert werden. Der Name des Oberbefehlshabers der deutschen Luftwaffe wurde bewusst von Fritz Sauckel, dem Gauleiter Thüringens und gleichzeitigem Reichsbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, gewählt, um sich im Kampf um Kompetenzen im nationalsozialistischen Deutschen Reich zu verbessern.

Dabei durfte er Erich Heuschkel in dieser Zeit zwei Tagen in der Woche das eigene Geschäft weiterführen.
Zu dieser Zeit erhielt er auch die Zulassung zur Baumeisterprüfung, die er dann nach Kriegsende am 25.08.1946 mit Willy Fröhlich aus Oberndorf in Weimar erfolgreich ablegte.

Zeitung

Gewerbeanmeldung Walter Heuschkel

Briefkopf

Belegschaft
Angestellte der Firma

Während der kurzen Zeit amerikanischer Besetzung gab es keine Probleme für die Firma. Nach dem Einmarsch der Roten Armee, verdichteten sich die Gerüchte, dass das Geschäft enteignet werden sollte. Um eine zusätzliche Unterstützung zu erhalten, nahm Erich Heuschkel seinen Bruder Walter am 22.02.1946, als Teilhaber auf, ohne Erfolg. Das Geschäft wurde zuerst mit Bescheid vom 30.03.1946 unter Sequester gestellt und auf Betreiben von einigen sogenannten antifaschistischen Kräften mit Bescheid vom 01.06.1948 einschließlich aller sonstigen Vermögenswerte entschädigungslos enteignet und in Volkseigentum übergeführt, obwohl der Entnazifizierungsprozess am 11.02.1948 ohne jegliche Anschuldigung durchgeführt wurde. Die Eintragungen im Grundbuch wurden durch Schwärzen unkenntlich gemacht. Das Protokoll der Entnazifizierungs-Kommission Landkreis Stadtroda vom 11.02.48 enthält folgende Sätze:

Belastung: NSDAP seit 01.05.1933, von 1933 - 1937 Blockleiter, später vertretungsweise für Zellenleiter Girbert eingesetzt von 1941 bis Ende 1943.
Entscheidung: Der Angeschuldigte fällt nicht unter den in § 7 der AB 2 des Befehls 201 aufgeführten Personenkreis, da Herrn Heuschkel keine Aktivität nachzuweisen ist. Die Zeugenaussagen haben ergeben, dass er mit Antifaschisten seine gegenteilige Meinung ausgetauscht hat. Heuschkel unterstützte politische Gefangene während der Haft.

      

Enteignungsurkunde

Eines Tages berichteten ihn Arbeiter, dass Militär Hermsdorf abgesperrt hätte und niemanden herauslassen würde. Daraufhin begab sich Erich Heuschkel wie immer auf den Weg zu den Baustellen tauchte aber unter. Das Verhaftungskommando kam und musste erfolglos abziehen. Er wurde dann gesucht, es kam die folgenden Tage zu Hausdurchsuchungen, mehrmals überraschend und in der Nacht, die Baustellen wurden abgesucht, Familienangehörige und Angestellte eingehend  befragt, aber er war weg. Keiner der Familie wusste zu dieser Zeit, wo er abgeblieben war. Erst später kam heraus, dass er sich an dem betreffenden Tag von einem Vertrauten Hässelbart, Meister in der Ziegelei im Ringofen hatte einmauern lassen und dort die Tage und Nächte verbracht hatte. Hässelbart hatte ihn dort auch während der ganzen Zeit versorgt. Als die Blockade dann aufgehoben wurde und die Durchsuchungen nicht mehr stattfanden, schlug sich Erich Heuschkel nach Gera durch und wurde dort von den Leuten aufgenommen, die er während deren KZ - Haft unterstützt hatte.

Das ehemalige Café Rühling wurde während des Krieges lange Zeit von Richard Kindt (Bäckermeister und Gastwirt) geführt. Eine Tochter der Familie wurde nach dem Krieg denunziert und für kurze Zeit in das sogenannte Speziallager 2 Buchenwald gebracht. Dieses wurde im August 1945 errichtet und war eines der insgesamt 10 Lager und drei Gefängnisse in der sowjetischen Besatzungszone, die von der Besatzungsmacht zur Internierung von Deutschen bis 1950 benutzt wurden. Mit ihrer Entlassung aus dem Lager musste sie unterschreiben, nicht von der Internierung zu erzählen. Über diese Tochter kam dann die Verbindung zu Personen in Gera zu Stande, bei denen er sich versteckte. Einer von ihnen war der damalige Polizeipräsident vom Bezirk Gera. Erst nach Monaten kam Erich Heuschkel wieder nach Hause, nachdem keine Gefahr mehr bestand.

Zur Geschichte der Polizei in Gera nach 1945 - Quelle: "Polizei in Gera - von den Anfängen bis zur Gegenwart" von Jürgen Geiling Selbstverlag - kann man erfahren:

Erster Polizeipräsident von Gera war ein Herr Walter Schack. Das Polizeipräsidium war eine der vier Mittelbehörden der Landespolizeistelle Thüringens, die am 01. August 1945 gebildet wurden. Die anderen Mittelbehörden wurden in Erfurt, Mühlhausen und Eisenach aufgebaut. Später wurden die bisherigen vier Polizeipräsidien in Inspektionsgebiete umgewandelt. So gab es nun das Inspektionsgebiet Gera unter der Leitung des Inspekteurs Heinz, der im November 1945 durch Jonas abgelöst wurde. Der nun ohne Amt dastehende einstige Polizeipräsident Schack wurde aber nicht vergessen, er nannte sich nun Regierungsbeauftragter.

Aussagen von Zeitzeugen und andere Umstände belegen, dass Schack die Person war, bei der sich Heuschkel auch versteckt hatte.

Nach seiner Rückkehr nach Hermsdorf wurde Erich Heuschkel später zusammen mit weiteren ca. 300 Personen von den Russen in einen Zug gesetzt. Ziel war Oberschlema im Erzgebirge um dort den Aufbau des Uranbergbaus, der späteren Wismut, durch die sowjetische Besatzungsmacht zu beginnen. Auf der Fahrt nach Oberschlema sprang einer der Deutschen aus dem Fenster und flüchtete. Da die Bewacher seiner nicht mehr habhaft wurden, wurde eine zufällig mit dem Fahrrad vorbeifahrende Person als „Ersatz“ mitgenommen. Erich Heuschkel wurde als Bauleiter eingesetzt. In dieser Zeit musste seine Frau mit den Kindern innerhalb kurzer Zeit das enteignete Wohnhaus räumen. Sie fanden in Bad Klosterlausnitz eine Bleibe in der Wohnung des ehemaligen Hauptbuchhalters der HESCHO Kammel. Familie Kammel zog in die Goethestraße - das Haus der späteren Kinderklinik.

Schreiben

 

Anfang 1946 wurden alle größeren Radioapparate aus unerfindlichen Gründen bei verschiedenen Hermsdorfern beschlagnahmt. Hier aber nur damals wertvolle Geräte. Auch das durch Alfred Rosenkranz (damals Hilfspolizist) beschlagnahmte Gerät „Blaupunkt“. Das Gerät wurde später bei einem Genossen (Name bekannt) im Wohnzimmer gesehen, erkannt an einem Merkmal am Gehäuse. Das Gleiche war mit dem PKW, ein Hansa 1700, der abgegeben werden musste und dann vom Wirt der Bahnhofswirtschaft gefahren wurde. Unten ein Bild des Radios, Blaupunkt 6W78 und die Ablieferungsbestätigung. Zum PKW eine Werbung aus einer Zeitung von 1938.
Die Nachforschungen zur Geschichte nach dem 2. Weltkrieg haben mehrfach ergeben, dass durch die damalige Obrigkeit derartig beschlagnahme Geräte in private Kanäle flossen - siehe auch hier.

Blaupunktradio     Quittung
Foto des beschlagnahmten Radioempfängers und Quittung dazu.

Autowerbung

Zurück zur Ziegelei: Nach dem 2. Weltkrieg lag trotz dringendem Bedarf an Baumaterialien der Ziegeleibetrieb still. Alle Bemühungen der Hermsdorfer Gemeinde um ein schnelles Anlaufen der Produktion waren bis Februar 1946 ergebnislos verlaufen. In der Zeitung „Thüringer Volk“ Nr. 47 vom 25.02.1946 ist zu lesen:

„Was geht in der Hermsdorfer Ziegelei vor? … Nur weil von gewissen Seiten formaljuristische Bedenken und Einwürfe geltend gemacht werden, die heute keinerlei Daseinsberechtigung mehr haben dürften. Nachdem der bisherige Pächter der Ziegelei sich nicht bemüht hatte, den Betrieb anlaufen zu lassen, außerdem politisch nicht tragbar erschien, sah sich die Hermsdorfer Gemeinde nach einem anderen Pächter um. Die Besitzerin der Ziegelei machte es nun der Gemeinde und dem vorgesehenen neuen Pächter zur Bedingung, dass bei Abschluss eines neuen Pachtvertrages die alten Beziehungen zwischen der Firma und der Thüringer Ziegelei-Verkaufs GmbH in Pößneck mit übernommen werden sollten.“

Ein solches Ansinnen wies die Gemeindeverwaltung mit Bezug auf das Potsdamer Abkommen zurück „wegen des eindeutig monopolistischen Charakters der Ziegelei-Verkaufs-Genossenschaft“. Inzwischen hatte die Kreiskommandantur die Besitzerin verpflichtet, die Voraussetzungen zur erneuten Ingangsetzung des Betriebes bis zum 15.02.1946 zu schaffen.
Schließlich übernahm als neuer Pächter der Baumeister Walter Heuschkel (der Bruder von Erich) aus Oberndorf Nr. 106 a, dann wohnhaft Hermsdorf, Schulstraße 27, den Ziegeleibetrieb, den er laut Gewerbeschein am 03.08.1946 anmeldete. Dass der Start nicht problemlos verlief, zeigt folgender Vermerk in alten Hermsdorfer Unterlagen:

„Für das Jahr 1947 wurden der Besitzerin, Charlotte Schlenzig, 50 % der Grundsteuer erlassen, da noch keine volle Inbetriebnahme der Ziegelei möglich war und größere Anschaffungskosten erforderlich waren.“

In den Nachkriegsjahren wurden für Heizzwecke der Bevölkerung aus Rohbraunkohle sogenannte Torfsteine oder Torfziegel hergestellt. So weisen die genannten Unterlagen von 1949 aus, dass der Gemeindevorstand aus Rohbraunkohle der Boblas - Neidschützer Braunkohlen AG für den Hausbrand Kohleziegel fertigen ließ. Ein solcher 1,5 kg Ziegel kostete 9 Pfennig.

Gerhard Heuschkel, der in Eisenberg zusammen mit Rolf Hädrich, dem späteren Regisseur, Autor und Schauspieler das Gymnasium besuchte, musste 1951 nach Bayern flüchten. Seine Eltern und Geschwister wechselten bis 1955 ebenfalls in die BRD.

Gewerbeabmeldung

Walter Heuschkel hatte zum 30.04.1953 sein Gewerbe, Betrieb einer Ziegelei, abgemeldet. Wegen Erschöpfung des Rohstoffvorkommens (auch der relativ hohe Salpetergehalt des Lehms beeinträchtigte durch Ausblühungserscheinungen die Ziegelqualität) musste die Ziegelei Hermsdorf geschlossen werden.

Nachdem Charlotte Schlenzig noch kurzeitig eine Wäscherei in der ehemaligen Ziegelei betrieb (siehe Teil 1), wurde das ehemalige Ziegeleigelände ab Ende der 1950er Jahre zur Wohnbebauung genutzt. So kaufte 1958 Arthur Discher ein Grundstück für ein Zwei-Familienhaus und Anfang der 1960er Jahre hat Familie Schlauch das Haus Schleifreisener Weg 12 auf dem Gelände des ehemaligen Ringofens gebaut und im anschließenden Gebäudetrakt eine Hühnerzucht betrieben.