Unsere Vorfahren
waren auf Grund der meist einfachen Verhältnisse, in denen Sie leben
mussten gezwungen, einfache und kostengünstige Produkte herzustellen
und zu verwenden. Hinzu kam, dass diese Produkte ihrer Zeit entsprachen,
zweckgünstig waren und bis in die jüngere Vergangenheit zur Anwendung
kamen.
Eine derartige Vielfalt an verschiedenen Materialien und Möglichkeiten,
wie es hier im Holzland besonders nach der Wende 1989 gab und gibt kannte
man früher nicht. Generationen vor uns deckten die Dächer einfach mit
Dachziegeln - so genannten „Biberschwänzen“.
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Besonders für Scheunen,
Schuppen, Ställe usw. kam es auf geringen Materialeinsatz bei hoher
Wirksamkeit - sprich einem dichten Dach - an. Biberschwänze werden auch
heute, besonders für alte, insbesondere denkmalgeschützte Bauwerke,
aber auch im Wohnungsbau verwendet. Allerdings unterscheidet sich die
Art, wie die Dächer gedeckt werden, von denen unserer Großväter erheblich.
Bei Biberschwanzziegeln werden heute die Verlegearten Einfach-, Doppel-
oder Kronendeckung angewendet. Bei der Einfachdeckung überlappen sich
die Dachziegel soweit, dass die Regensicherheit gewährleistet ist.
Bei der Doppeldeckung überlappen sich die Biberschwänze hälftig. Bei
der Kronendeckung liegen auf jeder Dachplatte 2 Reihen Biberschwänze.
Diese beiden Reihen werden als Lager- und Deckschicht bezeichnet und
ergeben ein Deckgebinde. Jedes Gebinde überdeckt wiederum das auf der
darunter liegenden Dachlatte vorzufindende Deckgebinde.
Wie schon erwähnt
kam es früher auf sparsame Verwendung der eingesetzten Materialien an
- eine Eigenschaft die in unserer heutigen „Wegwerfgesellschaft“ fehlt.
Die Biberschwanzziegel wurden mit weniger Dachlatten und ohne größere
Überlappung auf die Dächer gebracht. Nur jeweils etwa die Rundungen
haben auf der nächsten Reihe Ziegel gelegen. Dadurch wurden die Dächer
auch leichter.
Wie im Bild oben rechts
zu erkennen, handelt es sich hier um eine neuere Art der Bedeckung,
die Biberschwanzziegel liegen hier jeweils zur Hälfte auf dem nächsten
Ziegel, so dass kein Regenwasser eindringen kann.
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Die
Prinzipskizze zeigt die Bedeckung wie sie früher angewandt wurde ( Sicht von oben auf das Dach). Ohne die Verwendung von Dachspänen
würde das Regenwasser hier in das Dach eindringen können. |
Sicht
von unten auf die Ziegel, die grünen Flächen stellen die Dachspäne
dar, die das Dach somit abdichteten und das Regenwasser abgeleitet
haben. |
Die Dachdecker nahmen
je einen Biberschwanzdachziegel zusammen mit einem Dachspan und legten
beides gleichzeitig ab. Dann wiederholte sich dies mit dem nächsten
Ziegel und Dachspan. Die Dachspäne lagen so wie aus der Abbildung oben
ersichtlich ist auf zwei Dachlatten auf und wurden durch das Eigengewicht
der Biberschwanzziegel gehalten.
Für die Herstellung
der Dachspäne wurde fast ausschließlich das Holz von alten Fichten,
weniger Tanne oder Kiefer verwendet. Das Holzland, die Wälder um Hermsdorf,
lieferten das benötigte Material für die Herstellung der Dachspäne.
Die ausgewählten Bäume wurden gefällt und die Stämme auf entsprechend
erforderliche Länge von ca. 1 m geschnitten.
Hierbei muss gesagt
werden, dass die später produzierten Dachspäne für Biberschwänze der
Größe von
9,85 Zoll (25cm)
- Raum Holzland, Jena, Apolda
11,30 Zoll (28 cm) - Meuselwitz, Merseburg, Halle12,21
Zoll (31 cm) und 13,00 Zoll (33cm) für Sonderprojekte, z.B. das Gefängnis
Ichtershausen
gefertigt wurden.
Die im Wald geschlagenen
Bäume wurden, nachdem diese auf die erforderliche Länge geschnitten
wurden, von der Rinde befreit.
Danach wurden die
Abschnitte längs der Querachse in vier etwa gleich große Teile gespalten.
Die Dachspänemacher begaben sich dann zu Holzauktionen in den Wald,
um dort das Holz zu begutachten und zu kaufen / ersteigern. Je besser
die Holzqualität war, sie richtete sich nach Alter, Stärke und geringer
Asteinschlüsse, um so teurer wurde das Rohmaterial Holz gehandelt. Hatten die
Dachspänemacher ihr erforderliches Material ersteigert, wurde es nach
Hause auf den Holzplatz zum trocknen gebracht.
Für die Herstellung
der Dachspäne benötigten die Dachspänemacher wenig, aber spezielles
Handwerkszeug

- eine speziell
gefertigte Axt, deren breite Klinge genaues arbeiten ermöglichte
- Schnitzer - ein
vom Schmied gefertigtes Spaltmesser, deren Klinge nur im Bereich des
Griffes geschliffen war (ca. die halbe Klinge)
- eine Lehre für
das Stapeln der Dachspäne - siehe am Bündel ganz links
- Draht zum binden
der Pakete
- eine Flachzange
um den Draht zu schneiden und die Bündel zu schnüren
- eine Schürze mit
Lederverstärkung in Hüfthöhe (Bild unten Horst Opel mit Schürze, Schnitzer
und Dachspänen)

Ein Festmeter Holz
kostete etwa 9,- bis 11,- RM, für ein Bündel Dachspäne, wie im Bild
abgebildet, welches etwa 80 - 85 Dachspäne enthielt, bekamen die Dachspänemacher
etwa 0,26 Pfennig. Man kann sich so leicht vorstellen, welche Mengen
Dachspäne angefertigt werden musste, um ein Dach zu decken und den Lebensunterhalt
zu verdienen.
War das Holz richtig
getrocknet, wurde es auf die erforderliche Länge in Abschnitte geschnitten.
Die Länge richtete sich wie oben beschrieben nach den jeweiligen Auftraggeber, bzw. nach der geplanten Verkaufsgegend.
Auf einem großen Hackstock
wurden die Holzabschnitte mit der Axt in drei Abschnitte (Abbildung
1) getrennt. Jeder Abschnitt wurde dann ebenfalls mit der Axt in wieder
drei Abschnitte zerteilt, nachdem zuvor die Rundung des Holzes begradigt
wurde. Dabei war nicht nur darauf zu achten, dass die jeweiligen Abschnitte
gleichmäßig groß, die Schnittflächen gerade waren, der
Spänemacher musste außerdem darauf achten die jeweiligen Stücke entsprechend
zusammen zu halten, damit, so wie sie zertrennt wurden, wieder in ein
Bündel kamen. Damit wurde der wenigste Platz beansprucht und Transportvolumen
gespart. Je Abschnitt ergab es dann Späne von drei verschiedenen Breiten.
Waren die Abschnitte
alle - wie in Abbildung 2 dargestellt - mit der Axt zerspalten, kam
das Spaltmesser zur Anwendung. Das Messer wurde am Griff und der vorderen
Klinge (daher nur teilweise geschliffen) angefasst. Ein Holzstück wurde
in die Bauch- / Beinbeuge gestellt, dort war die Schürze mit derben
Leder verstärkt. Nun musste der Spänemacher gleichmäßige Abschnitte
= Späne vom Holz abtrennen. Dazu wurde das Spaltmesser auf das Holz
angesetzt und mit ständigen Schaukelbewegungen zwischen Griff und Klinge
in das Holz gepresst und so der Span abgetrennt. Für diese Arbeit war
viel Kraft, Geschick und Ausdauer von Nöten.
Es wurde mehrfach
versucht die erforderlichen Dachspäne industriell herzustellen und einfach
entsprechende Leisten zu sägen. Dies war auch zu früheren Zeiten kein
Problem, die Technik und die Produktionsmethoden gab es. Die so gefertigten
Dachspäne waren aber wirkungslos. Nur die wie oben per Hand gefertigten
Dachspäne gewährleisteten, das die natürliche Holzfaserung erhalten
blieb, die in Längsrichtung der Späne feine Rillen hatte, in denen das
Wasser ablief. Die maschinell gesägten Dachspäne dagegen waren glatt
und das Wasser lief nach allen Seiten und drang so in das Gebäude ein.
Fertige Dachspäne
In Hermsdorf gab es
zur Zeit der Dachspäneherstellung drei Firmen, die über das gesamte
Jahr Dachspäne herstellten:
- Firma Luis Opel
„Lange Schulmeister“ - Sägewerk und Dachspäneherstellung Eisenberger
Straße
- Firma Julius
Plötner „Grüntoffel“ - Eisenberger Straße
- Firma Fritz
Opel (Vater von Horst Opel) - Lessingstraße
Außerdem stellten
folgende Hermsdorfer ebenfalls Dachspäne her, wie wir heute sagen „als
zweites Standbein“, da der Haupterwerb nicht ganzjährig betrieben werden
konnte, bzw. so nicht ausreichte.
- Fritz Gräfe -
Roter Strumpf - Landwirt
- Emil Rüdiger
- Ernststraße - Landwirt
- Alwin Bocklich
- Bergstraße - Landwirt
- Richard
Plötner - Kochwinkelgasse - Obstbau
- Eduard Plötner
- Bergstraße - Obstbau
- Wilhelm Plötner - Eisenberger Straße
- Plötner, Traugot - Eisenberger Straße
Jährlich erfolgte
in Hermsdorf zum 01. Mai ein Umzug, hier gingen die Handwerker in ihren
Arbeitskleidungen und
führten Handwerkszeuge ihres Standes mit. Damit brachten sie die Tradition
ihres Berufes zum Ausdruck.
Auf dem Bild vom 01.05.1934 von rechts nach links:
- Fritz Opel (Vater
von Horst Opel) - Firma Fritz Opel Lessingstraße
- Richard Plötner
(Jutoffel) - Obstbauer / nebenberuflich Dachspänemacher
- Serfling (Scheißadel)
- Spänemacher bei der Firma Julius Plötner
- Richard Kraft -
Fuhrmann - er fuhr das Fuhrwerk der Spänemacher zum Umzug
- Fritz Gräfe (Zuckermann)
- Obstbauer / nebenberuflich Dachspänemacher
- Alwin Acker - Spänemacher
bei Firma Luis Opel
Horst Opel erlernte
den Beruf des Spänemacher vom 01.04.1938 bis
31.03.1941. Er legte seine Gesellenprüfung am 29.03.1941 ab.
Nachfolgender Zeitungsartikel
stammt aus dem Jahr 1970 und berichtet über den Vater von Horst Opel.
Auf dem Foto wird demonstriert, wie die Späne mit dem Schnitzer abgetrennt
wurden.
Horst Opel arbeitete
nach seiner Ausbildung bis 1977 bei der Firma Julius Plötner als Spänemacher.
Ab 1977 wurden
in Hermsdorf und Umgebung keine Dachspäne mehr hergestellt, der Beruf
ist ausgestorben. |