Brettschneider - Handschneidemühlen

 

Brettschneider – hinter dieser Bezeichnung verbarg sich ein Berufsstand, an den noch heute der Familienname daran erinnert. In Deutschland tragen 915 Personen den Nachnamen Brettschneider und 3343 Personen den Nachnamen Bretschneider. Die Bedeutung ist der mittelhochdeutsche Berufsname "bret-snidaere" für "Brett-Schneider", auch für Sägemüller, Pächter der Brettmühle { Bretsnidghere (um 1257), Bretsnider (um 1370) }. In der Häufigkeit der Namen liegt Thüringen aber weit hinter dem Bundesdurchschnitt zurück.

Brettschneider, die nicht nur Bretter, sondern auch die Balken für die Fachwerkhäuser, Dachkonstruktionen und so weiter  schnitten, gab es schon, da war an das Holzland, Hermsdorf und Klosterlausnitz noch nicht zu denken. Sie waren die Voraussetzung für die errichteten Bauten und lieferten das notwendige Rohmaterial. Dies war ein körperlich schwerer Beruf.

Die letzten Brettschneider des Holzlandes

K. Tümmler und L. Hänseroth aus Hermsdorf - die letzten Brettschneider des Holzlandes.

Doch verfolgen wir erst einmal den Arbeitsgang zweier Brettschneider. Der auf die benötigte Länge zugeschnittene Baumstamm wurde auf zwei niedrige Böcke gelegt und mit Axt und Schnitzmesser vorbereitet. Die Rinde wurde entfernt, dann mit an den Stirnseiten die Balken- oder Brettstärken angezeichnet. Mit der Rötschnur (eine durch rote Farbe gezogene Schnur) die späteren Schnitte angezeichnet. Dabei hatte jeder ein Schnurende in der Hand und hielt es an der Stirnseite an einen vorgezeichneten Strich. Dann wurde die gespannte Schnur hoch gezogen und man schnippte diese auf den Baumstamm. Dies wiederholte sich, bis alle Stärken am Stamm aufgezeichnet waren.
Der sägefertige Stamm wurde nun auf schiefer Ebene auf zwei mannshohe Böcke hochgerollt und befestigt. Jetzt wurde vorn das Schneideisen angesetzt, das oben und unten je eine Holzkrücke als Griff hatte. Ein Brettschneider stand oben auf dem Stamme und zog die Säge hoch, der andere Brettschneider unter dem Stamm zog sie abwärts. So ging es Zug um Zug, immer auf der „Schnur“ bis zur Mitte an das Vorderlager, dann von vorn der zweite und die übrigen Schnitte. Nachdem nun das Vorderlager weiter vor, unter die geschnittene Hälfte geschoben war, wurde in gleicher Weise das restliche Stück des Stammes zerschnitten, bis alle Bretter fielen.

Warum befanden sich so viel Mühlen im Holzland? Im Erbbuch des Amtes Eisenberg kann man dazu folgendes lesen:

  1. Keine von den Mühlen am Raudenbach ist nur Getreidemühle gewesen. Jede betrieb daneben noch eine Schneidemühle oder einen Lohstampfer (vergleiche Lochmühle).
  2. Die Weißenmühle hatte drei Mahlgänge, eine Schneide-, eine Öl- und eine Loh- oder Walkmühle.
  3. Die „Meuschkensmühle“ (alte Lohmühle) hatte außerdem einen neuen Mahlgang und eine neue Schneidemühle.
  4. Hermanns- und Naupoldsmühle hatten aus Loh- und Walkgängen im Jahr1613 Mahlgänge gemacht.

In der landwirtschaftlich armen, aber holzreichen Gegend betrieben alle Mühlen gemischtes Gewerbe. Hauptzweck der meisten war Holzbearbeitung, manche haben sich später (mit zunehmender Bevölkerungszahl) auf Mahlbetrieb umgestellt. Auch die Amtstadt wurde von ihnen mit versorgt (Amtschreibermühle, Amtschössers- oder Herrenmühle). Die meisten Mühlen trugen und tragen den Namen ihres ersten Besitzers: Meuschke-, Bauer-, Beer-, Hermann-, Naupold-, Frosch-, Beyer-, Günther-, Robert-, Weiße-Mühle.

Richard Gräfe (*02.11.1875 … 23.06.1957)  Berufsschuloberlehrer,  Leiter der Berufsschule Hermsdorf 1920 - 1942, Heimatforscher, Mundartdichter sowie der erste Naturschutzwart im Kreis Stadtroda, schrieb zu ihrer schweren Arbeit den Brettschneiderspruch in Mundart nieder.

   

Dar ung  zarrt ´rob, dar ubn  zarrt raof,
Un olle beede mussen  s`ch bloge;
Wenn Du  ung  bist, do guck nich naof,
Sist folln d´r Schpene nä ins Oge.
Un stiehste ubn, do schpuck bäsäte,
Nich dan ung jerode uff´n Gubb;
Monch eener gonn des nich gut läde
Wumichlicht warder noch saogrub.

Der unten  zerrt runter, der oben  zerrt rauf
Und alle beide müssen sich plagen;
Wenn du unten bist, da guck nicht  nauf,
Sonst fallen dir Späne nein ins Auge.
Und stehst du oben, da spucke beiseite,
Nicht dem unten gerade auf den Kopf;
Manch einer kann das nicht gut leiden,
Womöglich wird er noch saugrob.

 

Mit der Besiedelung des Holzlandes wurden auch hier die Brettschneider aktiv. Die hohen Stapel von Bohlen, Pfosten, Mittel-, Spind- und Schalbrettern, Glaserholz, Bettstollen und Schwarten, die von Zimmerleuten, Tischlern, Glasern und Böttchern gekauft wurden, zeugten von Fleiß und Geschicklichkeit der Brettschneider.

 
Darstellung der Brettschneider im Festumzug in Hermsdorf zur 700-Jahr-Feier 1956.
Darstellung der Brettschneider im Festumzug in Hermsdorf zur 700-Jahr-Feier 1956.
Darstellung der Brettschneider im Festumzug in Hermsdorf zur 750-Jahr-Feier 2006
Darstellung der Brettschneider im Festumzug in Hermsdorf zur 750-Jahr-Feier 2006
 

Die rasant wachsende Nachfrage nach Rohstoffen (Baumaterial) einerseits, die voranschreitende Industrialisierung andererseits führten zwangsläufig zur Mechanisierung auch der Arbeit der Brettschneider. Nicht zuletzt wurde damit auch die enorm schwere Arbeit abgeschafft.
Die an den Bächen im Mühltal und im Zeitzgrund gelegenen, mit Wasserkraft angetriebenen Sägemühlen, reichten ab dem 18. Jahrhundert nicht mehr aus. Die Nachfrage nach Bohlen, Brettern und Kanthölzern stieg dermaßen an, dass sich die sogenannten „Handschneidemaschinen“ entwickelten, um den Bedarf zu decken.
Bis zum Jahre 1876 gab es in Klosterlausnitz im Durchschnitt 72 Paare Brettschneider, einschließlich der „Wandernden“. 
Im Jahre 1876 gab es in Klosterlausnitz 47 Handschneidemühlen, die 29 Holzhändlern und Zimmermeistern gehörten, d. h. von 1300 Einwohnern 94 Brettschneider, besser Schneidemüller.

Laut einer alten Aufstellung gab es in Klosterlausnitz 47 Schneidemühlen:

In der Eisenberger Straße:

  Geraer Straße:  
Zulagenplatz - Sandgrube Otto Klaus
Auf Bauers Felde
In Geyers Hofe
In Bauers Hofe
Meißners
Bauer August
Zimmermann Martens
Peter
Büchners
Hebestreit
Plötner
Fröhlic
3 Stück
2 Stück
2 Stück
1 Stück
2 Stück
1 Stück
1 Stück
2 Stück
2 Stück
1 Stück
2 Stück
1 Stück
Kurze
Wagners
Dämmrich
Zu den drei Schwänen
1 Stück
1 Stück
2 Stück
3 Stück
Jenaischen Straße:   Kirchgasse:  
Meißners
Garten Peter
2 Stück
2 Stück
Sachse 1 Stück
Forststraße:   Marktstraße:  
Petermann
Schlotter
1 Stück
1 Stück
Pragers
Mißelitz
1 Stück
1 Stück
Steinstraße:   Neue Straße:  
Schmidt  2 Stück Hebestreit 1 Stück
Schmiedegasse:   Bahnhofstraße:  
Weber
Sachse
1 Stück
2 Stück
Voigtsberger
Füchsel
Prüfers
Haedrich
2 Stück
1 Stück
1 St ück
1 St ück
 

Die entstehenden Dampfsägewerke lösten die Schneidemühlen ab, die Produktivität wurde durch die Maschinen erheblich gesteigert, die Qualität und Quantität verbessert und die körperlich schwere Arbeit fiel weg.
Zu einem der modernsten Betriebe damals zählte das Dampfsäge- und Hobelwerk Ernst Acker, welches von seiner Gründung 1886 bis zur Aufhebung der Großgemeinde 1924 zu Klosterlausnitz gehörte.

Dampfsäge- und Hobelwerk Ernst Acker
 
Dampfsäge- und Hobelwerk Ernst Acker
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