Alte Regensburger Straße 15 - Gaststätte „Altenburger Hof“ Teil 1 bis 1945

 

Das Grundstück zählt zu den ältesten Hermsdorfer Gebäuden. Es ist bereits auf alten Karte von 1794 und 1848 erkennbar. Zu dieser Zeit waren die Grundstücke alle noch größer. Durch Weitergabe an Familienangehörige, oder auch aus finanziellen Zwängen heraus, wurden diese im Laufe der Jahre geteilt. Von solchen Teilungen war das Grundstück Hausnummer 15 nicht betroffen.

Kartenausschnitt von 1840

Nr. 1 – Altenburger Hof.
Nr. 2 - das Haus von Karl Gottlob Opel.
Nr. 3 - die spätere Geraer Straße.

Nr. 4 - heutige Alte Regensburger Straße.
Nr. 5 - Gasthof "Zum Schwarzen Bär".
Nr. 6 - Eisenberger Straße.

Die alten Karten oben und das folgende Foto von 1871 belegen, dass das Haus zu den ältesten in der Straße zählt.

2. ältestes Foto aus Hermsdorf, aus dem Jahr 1871
Der Text unter dem Foto lautet:
Zur Erinnerung an den 27. April 1871,
als seine Hoheit, unser gnädigst regierender Herzog Ernst,
nach dem glorreichen Siege aus Frankreich zurückkehrend von hiesiger Gemeinde begrüßt wurde.


Das Foto ist eine Fälschung - siehe hier.

 

Vergleichsfoto zur Aufnahme von 1871
Vergleichsfoto zur Aufnahme von 1871
Nach dem angeblichen Herzogsbesuch 1871 wurden erstmals Straßennamen eingeführt, die es bis dahin noch nicht gab. Dieser Umstand trug übrigens dazu bei, dass in Hermsdorf die Vergabe von Spitznamen eine Notwendigkeit war. Bei der Häufigkeit der gleichen Namen konnte so der Postbote die Post sicher zustellen. Es gibt Belege von Poststücken, die nur den Spitznamen und den Ortsnamen enthielten und sicher ankamen. Im ältesten Hermsdorfer Adressbuch von 1912 (und das ist unvollständig) sind die Familiennamen wie folgt verzeichnet:
  • 48-mal Plötner,
  • 27-mal Schilling,
  • 22-mal Kraft,
  • 23-mal Beyer,
  • 16-mal Vogel,
  • 15-mal Schröter;
  • 15-mal Opel,
  • 14-mal Geithe,
  • 14-mal Hänseroth,
  • 13-mal Hädrich,
  • 13-mal Präßler,
  • 13-mal Serfling und
  •   6-mal Remme.

Das Grundstück erhielt später die Hausnummer 15. Die Straße trug bisher drei Namen:
  • Ab 1872 Ernststraße (erster Straßenname einer Hermsdorfer Straße),
  • ab 16.07.1945 Ernst-Thälmann-Straße und seit
  • 1990 Alte Regensburger Straße.

Der heutige „Altenburger Hof“ wurde mehrfach umgebaut bzw. erweitert. Das Hinterhaus wurde 1879 angebaut, davon zeugt noch heute eine Erinnerungstafel:

Ab 1790 war vermutlich eine Marie Obst, danach ein Graßnik Eigentümer des Grundstückes. Vor 1879 wurde der Sägewerksbesitzer Louis Richard Albin Wetzel Eigentümer. Er war 1879 Erbauer des Hinterhauses. Sein Sägewerk hatte er in der Rodaer Straße.

Aus dem Jahr 1901 gibt es eine Auflistung der Händler und Gastwirte in Hermsdorf, die Kleinhandel mit Branntwein betrieben. In der Liste wurden unter anderen Friedrich Julius Remme („Zur Schönen Aussicht“) und Albin Wetzel („Altenburger Hof“) aufgeführt.

Liste vom 05.09.1901

Am 15.02.1902 stellte Wetzel den Antrag, im Sägewerk (Rodaer Straße) eine Kantine zu errichten, gleichzeitig beantragte er dafür eine Konzession. Der Antrag wurde abgelehnt und keine Konzession erteilt.


Bauzeichnung für die Kantine, vom Baumeister Louis Moritz erstellt.

Die Kantine wurde nie gebaut, Aufnahme vom 28.02.1903 des Sägewerkes.

Der Antrag aus dem Jahr 1902 für den Kantinenbau von Louis Wetzel, gleichzeitig Betreiber des „Altenburger Hof“, enthielt außerdem ein Gesuch, das Geschäft auf Übernachtung und Ausspannung zu erweitern.

Dieser Antrag wurde zunächst abgelehnt und nach Einspruch dann aber genehmigt. Wie die auf unten abgebildete Postkarte belegt. Sie wurde am 24.10.1902 geschrieben. Ein unbekannter Absender (leider ist die Rückseite der Karte nicht erhalten geblieben) schrieb seiner Elsa von der am gleichen Tag erfolgten großen Treibjagd, an der 27 Jäger beteiligt waren. Bekannt ist, dass es neun Gästezimmer mit ein oder zwei Betten hatte. Ein Teil der Jagdgesellschaft übernachtete deshalb sicher nicht dort.

Postkarte aus dem Jahr 1902
Altenburger Hof (rechts das rote Haus) um 1912
Altenburger Hof (rechts das rote Haus) um 1912
Pacht durch Hugo Hanemann

Louis Wetzel hatte ab dem 15.04.1906 die Gastwirtschaft verpachtet. Zum 01.07.1912 kündigte er den Pachtvertrag und nahm den „Altenburger Hof“ in eigene Bewirtschaftung.

20.06.1912 Meldung

Am 22.06.1912 sande das Herzogliche Landratsamt Roda dem Gemeindevorstand Klaus den Antrag zur Prüfung. Gleichzeitig wurde der Amtsvorsteher Mörschner zur Klärung der Bedürfnisse aufgefordert. Es ergingen positive Bescheide.

Bereits sechs Monate später, am 10.12.1912, erschien der Brauer Paul Reinhold Berthold Serfling Hermsdorf und teilte mit, dass er den „Altenburger Hof“ gekauft habe. Ihm wurde eröffnet, dass er den Gasthof vorläufig vorbehältlich jederzeitigen Widerrufes ausüben könne.

05.12.1913 Gendarmerie Wachtmeister Gustav Wergin

Weitere drei Monate später, am 12.03.1913, sande das Herzogliche Landratsamt Roda dem Amtsvorsteher Mörschner eine Bedürfnisanfrage, die positiv entschieden wurde. Danach wurde am 17.03.1913 Paul Serfling der Erlaubnisschein für die Gaststätte „Altenburger Hof“ ausgestellt.

Am 05.12.1913 meldete der Gendarmerie Wachtmeister Gustav Wergin (Foto), dass der Gastwirt Paul Serfling in der letzten Zeit wiederholt wegen Übertretung der Polizeistunde bestraft wurden sei. Er ersuchte, ihm die Schankerlaubnis nicht mehr zu erteilen.

 

Albin Remme

Im Jahr 1913 kaufte

Julius Remme (Besitzer der Gaststätte „Zur Schönen Aussicht“) den

„Altenburger Hof“

und übergab diesen an seinen Sohn, den

Fleischer Friedrich Albin Remme.
* 26.09.1890 † 29.02.1940

Dieser meldete am 18.11.1913 das Fleischergewerbe an.
Am 29.01.1914 wurde ihm die Konzession für die Gaststätte erteilt.
Am 21.03.1914 erhielt er vom Herzoglichen Landratsamt Roda
den Erlaubnisschein.

Damit begann die Familiengeschichte Remme im Altenburger Hof.

Dem zweiten Sohn Walter Remme hatte Julius Remme die Gaststätte „Zur Schönen Aussicht“ übertragen. Gemäß Antrag vom 25.06.1919 stellte Walter Remme den Antrag die Schankerlaubnis ab 01.07.1919, einschließlich der Übernachtung fremder Personen, auf ihn zu übertragen. Weiteres siehe Chronik „Zur Schönen Aussicht“.

Mitteilung über dem Kauf der Gaststätte "Altenburger Hof"

Am 29.01.1914, 04.03.1914 und 05.03.1914 und fällen der Gemeindevorsteher Goldberg, der Amtsvorsteher Mörschner und das Herzogliche Landratsamt eine positive Entscheidung über den Antrag. Am 21.03.1914 wurde folgende Erlaubnis ausgestellt:

Erlaubnisschein vom 21.03.1914

In die 1902 geschaffene Gastwirtschaft „Altenburger Hof“ wurde nunmehr mit Besitzerwechsel gleichzeitig eine Fleischerei eingebaut. Dazu veröffentlichte das Herzogliche Landratsamt den unten abgebildeten Artikel im Amtsblatt.

Anzeige von 1914 aus dem Amts- und Nachrichtsblatt

In die 1902 geschaffene Gastwirtschaft „Altenburger Hof“ wurde nunmehr mit Besitzerwechsel gleichzeitig eine Fleischerei eingebaut. Dazu veröffentlichte das Herzogliche Landratsamt den oben abgebildeten Artikel im Amtsblatt. Rechts vom Hauseingang wurde ein kleiner Verkaufsraum eingerichtet. Ein Schlachthaus und Kühlraum wurde angebaut.


1927 Straßenbauarbeiten vor der Gaststätte "Altenburger Hof".
Vor dem Eingang (weißes Hemd / Schürze) steht Albin Remme.
Die Arbeiten - hier wurde die Bordsteinkante des Fußweges verlegt - wurden später nochmals geändert und der Fußweg
nicht in der Breite belassen, wie hier errichtet. Vergleiche auch Folgefoto.
Altenburger Hof um 1938, rechts das Schaufenster der Fleischerei.
Altenburger Hof um 1938, rechts das Schaufenster der Fleischerei.

Am Sonnabend, dem 3. September und Sonntag, dem 4. September 1932, fand in Hermsdorf und Klosterlausnitz die „ 50jährige Jubelfeier des Landes - Kriegerverband Sachsen - Altenburg 1832 bis 1932“ statt. In der Gaststätte „Altenburger Hof“ wurde die Deligation aus Langenleuba-Nierhain versorgt.

Am Sonnabend, dem 3. September und Sonntag, dem 4. September 1932, fand in Hermsdorf und Klosterlausnitz die „ 50 jährige Jubelfeier des Landes - Kriegerverband Sachsen - Altenburg 1832 bis 1932“ statt. In der Gaststätte „Altenburger Hof“ wurde die Deligation aus Langenleuba-Nierhain versorgt.
Am Sonnabend, dem 3. September und Sonntag, dem 4. September 1932, fand in Hermsdorf und Klosterlausnitz die „ 50 jährige Jubelfeier des Landes - Kriegerverband Sachsen - Altenburg 1832 bis 1932“ statt. In der Gaststätte „Altenburger Hof“ wurde die Deligation aus Langenleuba-Nierhain versorgt.

Am 04.02.1920 kam Fritz Remme zur Welt, er sollte die Nachfolge seines Vaters im Geschäft antreten. Doch zuvor standen andere Dinge auf dem Programm, zwei sollen hier gezeigt werden:

Kindermaibaumsetzen - 1926 Umzug vor der Gaststätte.
Kindermaibaumsetzen - 1926 Umzug vor der Gaststätte.
Kindermaibaumsetzen im "Altenburger Hof"
Kindermaibaumsetzen im "Altenburger Hof"
Fritz Remme in seiner Schulklasse 1930
Fritz Remme in seiner Schulklasse 1930

Fritz Remme in seiner Schulklasse 1935

Da Albin Remme am 29.02.1940 im 50. Lebensjahr verstorben war, erhielt am 30.08.1940 der Vater des heutigen Wirtes, Fritz Remme die Gaststättenbetriebserlaubnis erteilt. Die Erlaubnisgebühr stieg auf  45,- RM, mehr als das 10-Fache von 1914. Interessant sind die Zahlen zum Fassbierausschank, diese betrugen:

1937          191 Liter
1938          183 Liter
1939          240 Liter, zu einem Preis von 31 Pfennig für ein 0,3-Liter-Glas.

Für damalige Verhältnisse war der Umsatz recht hoch, rund 4 Hektoliter pro Woche. Man muss dabei bedenken, dass sich in dieser Zeit zahlreiche Gaststätten in Hermsdorf befanden und der Haustrunk mit Ausschank (Bierstange) noch üblich war.

Kriegs- und Nachkriegswirren hinterließen auch in diesem Haus ihre Spuren. Die Gaststätte war während der Zeit des Nationalsozialismus  mehrere Jahre für NSDAP - Mitglieder gesperrt, für damalige Verhältnisse ein mächtiger Einkommenseinbruch. Schließlich mussten Fleischerei und Gaststätte, weil Fritz Remme zum Kriegsdienst eingezogen wurde,  gänzlich geschlossen werden.

Während eines Fronturlaubes heirateten Albin Fritz Remme und Alina Magdalene Uebel "Lene" am 23.02.1944. Tochter Heike wurde 1944, Sohn Dietrich 1949 geboren.  

Während eines Fronturlaubes heirateten Albin Fritz Remme und Alina Magdalene Uebel "Lene" am 23.02.1944. Tochter Heike wurde 1944, Sohn Dietrich 1949 geboren.
Während eines Fronturlaubes heirateten Albin Fritz Remme und
Alina Magdalene Uebel "Lene" am 23.02.1944.
Tochter Heike wurde 1944, Sohn Dietrich 1949 geboren.

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