Die Hermsdorfer Sage und die Steinkreuze |
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© Werner Peuckert † Hermsdorf | |
An
der Stelle, wo jetzt das große stattliche Dorf Hermsdorf seht,
lag vor langer Zeit mitten im Walde an der alten deutschen Reichsstraße
ein einsames Waldwirtshaus "Zum Schwarzen Bär im grünen Walde".
Ringsum aber wohnten, zerstreut bei ihren Meilern, nur wenige arme Köhler,
die friedlich und genügsam ihre Kohlen brannten. Da beschlossen einmal
zwei Herrinnen von (Schön) Gleina, eine bußfertige Wallfahrt nach der
wunderkräftigen Kirche zu Warte (St. Gangloff) zu unternehmen. Zu Fuß
und ohne Begleitung, wie es frommen Pilgerinnen wohl zukommt, zogen
sie ihres Weges nach dem Gnadenort. In der Gegend des einsamen Gasthofes
aber überfielen sie einige Wegelagerer, die ein großes Gelüste nach
den reichen Gaben hatten, welche die Fräulein bei sich trugen um sie
auf dem Altare des heiligen Gangloff niederzulegen. Auf den Hilferuf
der angegriffenen Pilgerinnen jedoch eilten die Leute aus dem Gasthofe
und die umwohnenden Köhler herbei, schlugen die Räuber in die Flucht
und befreiten die arg geängstigten Fräulein. Da riefen diese in freudigen
Dank für ihre Rettung "Hier her muss Dorf"! und versprachen
ihren Rettern, nach ihrer Rückkehr von der Wallfahrt ihnen ihre Hilfe
reichlich zu lohnen und Geld und Feld, so viel sie wollten, zu schenken,
und sie hielten Wort die dankbaren Herrinnen Gleinas und erbauten an
dem Ort ihrer Rettung ein Gotteshaus, das sie so reichlich beschenkten,
dass sich viel Volk aus Nähe und Ferne um die Kirche niederließ und
seine Wohnungen baute, das Dorf aber heißt noch heute zur Erinnerung
an den Ausruf jener Frauen: "Hermsdorf"! Was ist nun wahres
daran? Die Entstehung fällt somit in die Zeit der allgemeinen Besiedlung dieser Gegend, um das Jahrtausend bis Elfhundert. Ein weiterer Beweis, dass Hermsdorf eine deutsche Siedlung ist, sind die Hofgelängen welche sich durch die ganze Flur ziehen, bis an den Wald jenseits der Bahn. Alles was hinter dem Bären steht, zwischen Friedrich-Engels-Straße [1] und Wiesenstraße ist oder war einst dem Bären zugehörig. So war es bei jedem Gehöft in der Ernst-Thälmann-Straße [2] vom Bären bis zum Alten Markt. Folglich war Hermsdorf ein Reihendorf und somit eine typische deutsche Siedlung. Die alte „Reichsstraße“
wie Greß sie nennt, ist die Regensburger Straße [3] , sie wird so alt sein wie der Ort selbst. Es ist sehr wahrscheinlich,
dass auch die Nord-Südverbindung damals entstanden ist. Vorerst einmal
als Verbindung der beiden Bischhofsitze Naumburg und Regensburg. Zum
anderen ist es nicht ausgeschlossen, dass die sächsischen Kurfürsten
von Wittenberg, als Vikare des Kaisers, diesen Weg benutzt haben, wenn
sie zu den Reichstagen nach Regensburg reisten. Das da auch wirklich etwas geschehen ist, bezeugen drei Steinkreuze die 1894 an der Ecke Schulstraße gefunden wurden und von denen noch ein Rest in meinem [5] Garten steht." Diese Steinkreuze können Sühnekreuze sein für Mord oder Totschlag, sind aber auch als Dank, oder Gedenksteine gesetzt worden, für Errettung aus Leibesnöten. Beides, Wallfahrt und Steinkreuze sind aus der vorreformatorischen Zeit, also vor 1517. Man könnte hier den ersten Zusammenhang vermuten von Sage und Wirklichkeit oder sollte es Zufall sein? Betrachtet man den Weg den die beiden Frauen gegangen sind, ergibt es sich von selbst, dass es kein Zufall ist. Die heutigen Straßen, ob die von Schöngleina nach hier, oder die von hier nach Schleifreisen, auch die Straße nach Stadtroda, alle sind weit jüngeren Datums. Dagegen ist der Zeitzgrund als eine der ältesten Straßen überhaupt anzusprechen. Diese Straße verband das Saaletal mit dem Elstertal und führte weiter nach Osten. Die Bedeutung des Zeitzgrundes als eine wichtige Straße wird erhärtet durch die Rabsburg. Wenn die Burg auch als Raubritterburg bekannt ist, erbaut wurden sie doch als Wegesicherung und bestimmt nicht an Nebenstraßen. Es war alten Hermsdorfern noch bekannt, dass auf diesem Wege die Wachablösung von Altenburg bis nach der Fröhlichen Wiederkunft marschierten. Auch zwei alte Wegweiser, zwischen Bockmühle und Rechhain beweisen die Wichtigkeit der Straße. Rechnet man die Wüstungen entlang dem Zeitzgrund den noch bestehenden Dörfern zu, ergibt sich fasst eine geschlossene Reihe von Dörfern von Schöngleina bis Schleifreisen. Bis Schleifreisen waren die Dörfer ausschließlich Lehnsdörfer von Gleina. Was liegt da näher, als dass die Fräulein den Zeitzgrund benutzt haben bei ihrer Wallfahrt. Von Schleifreisen bis zum Bären bestand bis zum Bau der Autobahn ein direkter Weg, über den „kleinen Teich“ wie er heute noch heißt, und der hier an der Ecke Schulstraße bis Regensburger Str. erreichte. Ist es Zufall, dass auch hier die Sühnekreuze standen. Wenn es heißt, der
Überfall war im Walde, der Weg die heutige Friedrich-Engels-Straße,
in Verlängerung der Felsenkellerweg, waren die Begrenzung dar Hofgelänge
des Bären. Alles was in Richtung zum Rathaus liegt, lag damals außerhalb
der Ortsflur und war bis Ende 1700 beziehungsweise Anfang 1800 noch
Wald. Bliebe nur noch
ein Wort zu den Steinkreuzen zu sagen. Somit ergibt sich, dass die Hermsdorfer Sage wahrscheinlich keine Sage zu sein braucht. Die wirklichen Zusammenhänge konnte Greß beim niederschreiben der Sage nicht ahnen, da er die Steinkreuze nicht kannte, sonst hätten wir aller Wahrscheinlichkeit nach mehr erfahren. Der Volksmund hat darüber nichts zu berichten gewusst. Verwunderlich! Alle diese Steine sind mit einer Sage oder Geschichte umwoben, selbst seit Jahrzehnten verschollene oder zerstörte Steine haben an ihrem Standort Sagen hinterlassen, die noch heute von Geschlecht zu Geschlecht weiter leben. Zugegeben, es hatte an der alten Regensburger als einer mittelalterlichen Reichsstraße etwas geschehen sein können was hätte gesühnt werden müssen, doch hätte sich da nicht in dem nahe gelegenen Dorfe etwas davon erhalten. So gut wie die Sage von Hermsdorf über Jahrhunderte erhalten geblieben ist, ebenso gut hätte sich eine Legende der Steine fortgepflanzt. Hermsdorf war bis zur Auflösung des Klosters Lausnitz gegen 1520-1530 der Gerichtsbarkeit des Klosters unterstellt. Wäre eine Gewalttat geschehen von der das Kloster eine Sühne gefordert hatte, müsste auch in den Klosterakten etwas verzeichnet gewesen sein. Da ein solcher Fall nicht bekannt ist, werden die Sage von Hermsdorf und die drei Steinkreuze nicht voneinander zu trennen sein. |
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Ende der Aufzeichnung Werner Peuckert |
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[1] heute Naumburger Straße
[2] heute Alte Regensburger Straße
[3] kein Zusammenhang mit der heutigen Alten Regensburger Straße
zu sehen]
[4] gemeint ist die Wallfahrt aus der Sage
[5] Werner Peuckert - Verfasser des Textes |
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Ergänzungen
Ottomar Peuckert |
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Das Haus Nummer 13 wurde 1890 oder etwas davor von einem Schneider, das Haus Nummer 15 im Jahr 1890 bis 1891 erbaut, Bauherr war Hermann Peuckert. Beide Häuser stehen im ehemaligen „Serflings Teich“. Das Haus Nummer 13 wurde in der Folge von Hermann Peuckert zugekauft. Im Mittelalter gehörte das gesamte Gelänge, welches von der heutigen Alten Regensburger Straße - Eisenberger Straße - Schulstraße und Wiesenstraße begrenzt wurde, zum Gasthof „Zum Schwarzen Bär“. Die Straße von der Alten Regensburger Straße zur Schulstraße verlief direkt durch das Gelände der Gastwirtschaft. Einer der Bärenwirte hieß später Serfling, nach ihm wurde der Teich benannt. Mit der Zeit wurden nach und nach Grundstücksteile verkauft und es siedelten sich dort andere Hermsdorfer an. In Höhe der heutigen Schulstraße verlief zum Zeitpunktes Hausbaues Nr. 15 ein Moorgraben. In diesen wurden die, in der Aufzeichnung meines Vaters Werner Peuckert genannten, drei umgestürzten und zertrümmerten Sühnekreuze gefunden. Diese Steine wurden, bis auf das am besten erhaltene Stück, in den Grundmauern des Hauses verbaut. Nachdem das bessere Stück zunächst längere Zeit im Hausflur lag, wurde es später an der Giebelseite des Hauses in der Schulstraße aufgestellt. Dort steht es noch heute und hat zum Glück auch die Ereignisse vom 09.04.1945, als das Grundstück ausgebombt wurde, gut überstanden. |
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