Zur Geschichte des Handwerks

 

Das Handwerk im Kaiserreich

06. 08.1897
Kaiser Wilhelm II. erlässt das Gesetz „betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung". Damit tritt erstmals eine deutsche „Handwerksordnung" in Kraft.

07.08.1899
Die Ministerien des Herzogtums Sachsen-Altenburg und des Fürstentums Reuß (jüngere Linie) errichteten durch Staatsvertrag und auf der Grundlage der Reichsgewerbeordnung für beide Bundesstaaten eine "Gemeinsame Handwerkskammer".

Ab April 1900
Gründung der neuen Handwerkskammern

18.10.1900
Im Großen Saal des Gewerbehauses zu Gera - Reuß, dem heutigen Haus des Handwerks, findet die Gründungsversammlung der Geraer Handwerkskammer statt. Die Mitglieder der Vollversammlung wählten den Bäckerobermeister Hermann Oehler zum Vorsitzenden.

November 1900
Gründung des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertages

30.05.1908
Der kleinen Befähigungsnachweis wird eingeführt, dieser gilt als Voraussetzung - zusammen mit der Meisterprüfung -  für die Ausbildung von Lehrlingen

Das Handwerk in der Weimarer Republik

Oktober 1919
Gründung des Reichsverbandes des Deutschen Handwerks

16.11. 1922
Der Deutscher Handwerks- und Gewerbekammertag wird öffentlich-rechtliche Körperschaft.

01.08.1926
Die Handwerkskammer Gera bezieht ein eigenes Verwaltungsgebäude in der Gartenstraße, der heutigen Handwerkstraße 5. Im Jahr 1945 wurde das Gebäude ausgebombt und nach dem Krieg neu aufgebaut und am  28.05.1947 wieder seiner Bestimmung übergeben.

11.02.1927
Die „Handwerksnovelle" verpflichtet die Handwerkskammern eine Handwerksrolle als Verzeichnis aller selbständigen Handwerker zu führen.

Das Handwerk im „Dritten Reich"

19.04.1933
Die „Richtlinien zur Gleichschaltung der Innungen" leiten rigorose Einführung des „Führerprinzips" im Handwerk ein. Ablösung aller demokratisch gewählten Amtsträger durch Nationalsozialisten.

03.05.1933
Gleichschaltung des Reichsverbandes des Deutschen Handwerks durch Proklamation des Reichsstandes des Deutschen Handwerks.

01.10.1933
Auflösung des Reichsverbandes des Deutschen Handwerks

29.11.1933
Gesetz über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks

24.01.1934
Ernennung eines Reichshandwerksführers

18.01.1935
Die 3. Verordnung über den vorläufigen Aufbau des deutschen Handwerks wird erlassen und der große Befähigungsnachweis eingeführt. Dieser wird zusammen mit dem Meisterbrief Voraussetzung  für die selbständige Betätigung im Handwerk und die Ausbildung von Lehrlingen.

20.04.1942
Gauwirtschaftskammer-Verordnung, Eingliederung der Handwerkskammern in die Gauwirtschaftskammern (rückwirkend ab 01.04.1943).

27.04.1943
Auflösung des Deutschen Handwerks- und Gewerbekam­mertages, Eingliederung in die Reichswirtschaftskammer.

Das Handwerk in den Besatzungszonen

01.02.1945
US  -Militärbehörden genehmigen Neugründung der Handwerkskammer in Aachen

27.05.1946
Sowjetische Militäradministration wandelt Handwerksinnungen in Berufsgruppen ohne Körperschaftsstatus um.

November 1946
Die Rechtsordnung zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) für das französisch besetzte Gebiet, Württemberg und Hohenzollern bringt Rückkehr zur Rechtslage von 1935.

Dezember 1946
„Verordnung des Zentralamtes für Wirtschaft in der britischen Besatzungszone über den Aufbau des Handwerks" stellt das Handwerksrecht von 1935 wieder her.

11. - 13.06.1947
Tagung von Handwerkskammern und Fachverbänden der britischen und der amerikanischen Zone, Verabschiedung von „Grundsätzen der Handwerkspolitik"

22.10.1948
Gründung einer „Vereinigung der Handwerkskammern der Westzonen" auf dem ersten „Deutschen Handwerkstag" der Nachkriegszeit in Frankfurt / Main.

29. November 1948
Einführung der totalen Gewerbefreiheit in der amerikanischen Besatzungszone.

Das Handwerk in der Bundesrepublik Deutschland

30.11.1949
Gründung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks e.V. (ZDH), der Vereinigung der Handwerkskammern im Bundesgebiet und der Vereinigung der Zentral­fachverbande des Handwerks (BFH), Richard Uhlemeyer wurde zum ersten Handwerkspräsident gewählt.

26.03.1953
Der Deutsche Bundestag beschließt nach fast dreijährigen Beratungen mit den Stimmen aller demokratischen Parteien das „Gesetz zur Ordnung des Deutschen Handwerks"

24.09.1953
Die deutsche Handwerksordnung tritt in Kraft

07.11.1954
Richard Uhlemeyer verstorben

24.02.1955
Josef Wild wurde Handwerkspräsident

01.07.961
Deutscher Bundestag verabschiedet das Gesetz zur Regelung der Alterssicherung für das Handwerk

17.07.1961
Bundesverfassungsgericht bestätigt Verfassungsmäßigkeit der deutschen Handwerksordnung

07.07.1964
EWG-Regelung für das Niederlassungsrecht und den freien Dienstleistungsverkehr in Europa

23.07.1965
Der Deutsche Bundestag verabschiedet das „Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung", das eine dynamische Anpassung des Handwerks an den technisch­ wirtschaftlichen Fortschritt ermöglicht

01.01.1973
Paul Schnitker Handwerkspräsident

10.05.1975
Gründung der Europäischen Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe (UEAPME)

01.01.1979
Erstmals wird mit Paul Schnitker ein Handwerkspräsident und Handwerksmeister Vorsitzender des Gemeinschaftsausschusses der deutschen gewerblichen Wirtschaft

1983
Europäisches Jahr des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe

10.06.1986
Bundesverwaltungsgericht bestätigt Rechtmassigkeit der Mitgliedschaft der Handwerkskammern beim Zentralverband des Deutschen Handwerks und beim Deutschen Handwerkskammertag.

01.08.1988
Heribert Späth Handwerkspräsident

Das Handwerk in der Deutschen Demokratischen Republik

Ab 1950
Nach dem 2. Weltkrieg wurden alle Aufgaben der Handelskammer Gera von der Landeshandwerkskammer Weimar bzw. ab 1950 Erfurt übernommen.

09.08.1950
Gesetz zur Förderung des Handwerks beschränkt das Privathandwerk auf Kleinbetriebe.
Gründung von Landeshandwerkskammern in der DDR

1953
Die Länder der sowjetisch besetzten Zone werden abgeschafft und in Bezirke umgebildet. Mit der Bezirksbildung wurde in der Geraer Handwerkstraße die Bezirkshandwerkskammer wieder errichtet. Kurze Zeit später musste im Auftrag des Staates das Gebäude geräumt werden, und die Kammer zog in einige Räume des jetzigen "Haus des Handwerks" auf dem Puschkinplatz.
In den Jahren des Bestehens der DDR war die Arbeit der Kammer auf die Ausführung administrativer Aufgaben beschränkt. Die freie Entfaltung des Handwerks wurde reglementiert.
Da Hermsdorf im Kreis Stadtroda, Bezirk Gera lag, war die Handwerkskammer Gera auch für den Kreis Stadtroda zuständig.

20.08.1953
Verordnung über die Umbildung der Vertretungen des Handwerks: Auflösung der Landeshandwerkskammern, Bildung von Bezirkshandwerkskammern.

18.08.1958
Verordnung über die Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH) leitet Kollektivierung im Handwerk ein.

12.06.1972
DDR verstaatlicht 1.700 Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH) mit 120.000 Mitarbeitern durch Umwandlung in „Volkseigene Betriebe"

12.02.1976
Ministerratsbeschluss zur „Förderung privater Einzelhandelsgeschäfte, Gaststätten und
Handwerksbetriebe für Dienstleistungen im Interesse der weiteren Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung" leitet „Wende" in der DDR-Handwerkspolitik ein.

März 1977
SED-Zentralkomitee versucht durch „Maßnahmen zu Gunsten des Handwerks" den ständig wachsenden Mange! an
Reparatur- und Dienstleistungen zu stoppen.

Um 1985
Die Handwerkskammer Gera verlieh an Handwerksbetriebe Schilder als Auszeichnung (Qualitätssiegel). Später spielte weniger die Tatsache der Qualität der Erzeugnisse oder der Arbeit der Betriebe eine Rolle, sondern die Tatsache, dass möglichst jedes Gewerbe damit bedacht wurde. Hier ein Beipiel für ein Schild, welches der Bäckerei Nützer für gute Qualität verliehen wurde.

09.11.1989
Das Handwerk in der DDR zählt nur noch 82.672 private Betriebe mit 262.651 Beschäftigten sowie 2.178 PGH mit 163.663 Beschäftigten. 1949 gab es noch 303 821 Betriebe mit 858 000 Beschäftigten.
Nach dem Fall der Mauer übernahm das Handwerk eine Vorreiterrolle beim demokratischen Neuaufbau. Noch vor der Wiedervereinigung De
utschlands wurde im Ostthüringer Handwerk am 09.11.1989 mit Unterstützung der Handwerkskammer für Oberfranken, Bayreuth, der Demokratisierungsprozess, basierend auf dem Gesetz des Handwerks vom 17.09. 1953 der BRD, eingeleitet.

20.12.1989
Auf der Grundlage der Handwerksordnung der Bundesrepublik Deutschland wird in Erfurt mit Walter Bachmann erstmals in der DDR der Präsident einer Handwerkskammer frei gewählt.

30.05.1990
Handwerkskammern der DDR treten dem und dem Deutschen Handwerkskammertag als Gastmitglieder bei

21.06.1990
Wiedervereinigung des Deutschen Handwerks in Zwickau. Fachverbände der DDR werden Gastmitglieder der Bundesvereinigung des Fachverbands des Deutschen Handwerks und des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.

12.07.1990
Handwerksordnung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR in Kraft gesetzt.

Das Handwerk im wiedervereinigten Deutschland

07.05.1990
Unter Leitung eines berufenen Ältestenrates, dem sechs gestandene Handwerksmeister angehörten, fand die erste Vollversammlung der Handwerkskammer Gera für Ostthüringen auf demokratischer Basis statt. Die Vollversammlungsmitglieder wählten den ehrenamtlich arbeitenden Vorstand sowie die Geschäftsführung der Kammer. Diese Vollversammlung war die erste in den neuen Bundesländern und ebenfalls die erste in der Arbeitnehmer vertreten waren.

17.09.1990
Die Handwerkskammer Gera zog erneut in ihr Kammergebäude ein. Die Handwerkskammer für Ostthüringen und die Handwerkskammer für Oberfranken, Bayreuth, ratifizierten anlässlich dieser Grundsteinlegung zur Demokratisierung im Handwerk ihren Partnerschaftsvertrag.
Handwerkskammer
Die Handwerkskammer für Ostthüringen vereinigt in sich mehr als 9000 Handwerksbetriebe des Kammerbezirkes. Zur Handwerkskammer gehören die selbstständigen Handwerker und die Inhaber handwerksähnlicher Betriebe des Handwerkskammerbezirkes sowie die Gesellen, andere Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und die Lehrlinge dieser Gewerbetreibenden.

27.06.1990
Zentralverband des Deutschen Handwerks eröffnet Europäisches Büro in Brüssel.

26.11.1990
Heribert Späth erster gesamtdeutscher Handwerkspräsident.
Das Ost-Handwerk wird durch Erweiterung des Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V.(ZDH)  ­Präsidiums von 16 auf 22 Mitglieder in die
Führungsstrukturen des Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V.(ZDH) einbezogen.

02.11.1993
Bundestag novelliert Handwerksordnung, Neuerungen in 94 Positionen

24.11.1994
Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V.(ZDH) Vollversammlung beschließt eine alle Ebenen einbeziehende Organisationsreform als „Daueraufgabe"

31.03.1995
Erste Handwerkszahlung im wiedervereinigten Deutschland:
Handwerk und handwerksähnliche Gewerbe zählen 839 000 Betriebe mit 6,5 Millionen Beschäftigten, darunter 632 000 Lehrlinge. Das Umsatzvolumen beläuft sich auf rund 1000 Milliarden DM.

01.01.1997
Dieter Philipp Handwerkspräsident

13.02.1998
Novellierung der Handwerksordnung: Aus 127 werden 94 Handwerksberufe, die Zahl der handwerksähnlichen Gewerbe wachst von 50 auf 57.

Juli 1999
Umzug des Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V.(ZDH) von Bonn nach Berlin in das neue Haus des Deutschen Handwerks in der Mohrenstraße 20/21.

07. bis 11.07.2000
Festveranstaltung 100 Jahre Handwerksorganisationen in Berlin

Zu den Handwerkskammern

Die Zwangsmitgliedschaften von Gewerbetreibenden in Handwerks- oder Industrie- und Handelskammern ist politisch ausgesprochen umstritten. Sie findet insbesondere in den letzten Jahrzehnten immer weniger Anklang bei den Gewerbetreibenden. Nach der Wende ohne wenn und aber hingenommen, scheiden sich nun die Geister. Die Beitragslasten wurden zumindest für Gründer und Geringverdiener in den letzten Jahren spürbar gesenkt. So manch ein Gewerbetreibender fragt sich, für was er diese Pflichtbeiträge zahlt.  Dass Selbstständige und Unternehmer per Gesetz gezwungen werden, Mitglied in Selbstverwaltungs- und Interessenvertretungs-Gremien zu werden muss schon als merkwürdig angesehen werden. Aus der im Artikel 9, Abs.1 Grundgesetz festgelegten Vereinigungsfreiheit ist im Umkehrschluss auch ein „Fernbleiberecht" abzuleiten. Das Recht, Vereine und Gesellschaften sowie Vereinigungen zur Verbesserung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu bilden, schließt grundsätzlich auch die Möglichkeit ein, sich diesen nicht anzuschließen.
Eine vom Staat verordnete Institution, die ein ungenau definiertes „Gesamtinteresse der …. Gewerbetreibenden" wahrnehmen soll, zwangsläufig auch gegen eben diesen Staat, steht immer wackeligen Füßen. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch in mehreren Entscheidungen (zuletzt im Jahr 2001) betont, dass eine Zwangsmitgliedschaft zu rechtfertigen ist, solange ein öffentlich-rechtlicher Verband "legitime öffentliche Aufgaben" erfüllt.

Eine alte Handwerker Tradition - Auf der Walz

siehe hier