Zitate von und über Rolf Hädrich

 
Er konnte wunderbar erzählen. Er wurde nicht müde, Geschichten aus der frühen Fernsehzeit genüsslich zu kolportieren. Er liebte dieses Medium, nicht zuletzt seiner Unzulänglichkeiten wegen. Er näherte sich Zeit seines Lebens mit Demut dem heiklen Unterfangen der Literaturverfilmung und gelangte darin zur Meisterschaft. Unvergessen ist seine Fernsehbearbeitung von Fontanes „Stechlin“ (1975), unvergessen wie „Dr. Murkes gesammeltes Schweigen“ von Böll (1964).
1979 bin ich ihm mit Freunden nach Island gefolgt. Er stand am windgepeitschten Drehort an der Küste, untersetzt, zerzaust, dem Sturm trotzend, neben ihm der greise Halldor Laxness. „Das wieder gefundene Paradies“ war in Arbeit, 1980 wurde der Film ausgestrahlt. In Island war Hädrich in seinem Element, (kein Volk der Erde liest so viel wie die Isländer), er war umgeben von Literaturfreunden und Literaturkennern, die Nacht war taghell, temperamentvoll wurde diskutiert, trinkfest waren alle. Im alten renommierten Hotel Borg in Reikjavik versammelten sich die Intellektuellen, Laxness war längst im Bett, Hädrich diskutierte bis in den Morgen mit den Isländern über ihren Nobelpreisträger, über Gott, die Welt und die Weltliteratur.
Wenn ich auf seine Arbeiten zurückschaue, das „Fischkonzert“ nach Laxness, „Die Revolution entlässt ihre Kinder“, „Verspätung in Marienborn“, „Mord in Frankfurt“, „Nirgendwo ist Poenichen“,auf alle sein Arbeiten, dann wird der rote Faden, der sich durch die Arbeiten Hädrichs zieht, sichtbar. Dienend und leidenschaftlich, demütig und kritisch, zartfühlend und engagiert. Er schrieb Gedichte, er übersetze, er inszenierte. Er war ruhelos und fand die Ruhe nur in seiner Arbeit. Er erhielt viele Preise für seine Arbeiten. Seit 1991 lebte er zurückgezogen. Er starb am 29. Oktober 2000, er wurde 69 Jahre alt. Sein Name ist mit dem deutschen Fernsehfilm untrennbar verbunden.

Ulrike Schiedermair Deutsche Akademie der Darstellenden Künste

Der Korrespondent wird immer wieder zum Agenten der Fernsehsensation. Je blutiger das Ereignis, desto sicherer wird darüber in Bild und Ton berichtet. Der aufklärererische Wert ist zweifelhaft. Rolf Hädrich meinte: "Eine der schlimmsten Erscheinungen des Fernsehens sind die so genannten Korrespondenten, die überall in der Welt vor irgendwelchen Weißen Häusern oder Roten Plätzen herumstehen und Abend für Abend verkünden, was wir eh schon aus den Nachrichten wissen. Die Filmaufnahme sagt mehr aus über den Korrespondenten als über den Inhalt seiner Ansprache, ja sie verdeckt diesen zumeist. Wir sehen, wie er gekleidet, frisiert, gelaunt ist, wie er sich Mühe gibt, uns zu zeigen, dass er alles besser weiß als die Zuhausegebliebenen, aber für seine Rede besagen die Filmaufnahmen gar nichts, im Gegenteil: der Korrespondent steht seinen Informationen sichtlich im Wege." Rolf Hädrich: Anmerkungen eines Betroffenen. In: Akzente, 1973, Heft 4, S. 297

"Es führt kein Weg zurück " - Das ist der Titel eines Romans des amerikanischen Schriftstellers Thomas Wolfe ( 1900 - 1938 ). Daraus nahm Rolf Hädrich den Teil, der in Berlin spielt und drehte darüber seinen Film " Erinnerung an einen Sommer in Berlin".
Thomas Wolfe - nicht zu verwechseln mit dem heutigen amerikanischen Autor Tom Wolfe - wurde in Deutschland viel gelesen. Noch in meiner Schulzeit lasen wir als Schullektüre "Schau heimwärts, Engel". Dieser Roman wurde als Theaterstück damals häufig auf deutschen Bühnen gespielt, so auch am Hamburger Schauspielhaus.
Für Thomas Wolfe sammelten sich dadurch hohe Tantiemen-Beiträge in Deutschland an , die er aber aus Nazi-Deutschland nicht ausführen durfte. So beschloss er, die Gelder im Land selbst zu verbrauchen und begab sich 1936 zur Zeit der Olympiade nach Berlin. Er, der Deutschland so liebte - er hatte deutsche Vorfahren - bemerkte allmählich die Veränderungen, die sich durch die politischen Verhältnisse in diesem Land vollzogen und quer durch seinen Freundeskreis gingen, so dass er schließlich enttäuscht und desillusioniert nach Amerika zurückkehrte.

Der Film ist eine Mischung aus Spiel- und Dokumentarszenen, die geschickt wie ein Puzzle miteinander verwoben sind. So ließ Rolf Hädrich in diesem Schwarz-Weiß-Film seine Schauspieler fiktiv im Olympiastadion Platz nehmen und flocht Szenen ein mit Hitler und seinen Konsorten auf ihrer Tribüne aus den Wochenschauen von der Olympiade.
Zeitzeugen wie Albert Speer, Leni Riefenstahl und Heinrich Maria Ledig-Rowohlt (der Thomas Wolfe für den Rowohlt-Verlag in Berlin wirklich betreut hatte) geben ihre Kommentare zu derZeit ab , dann fließt der Film wieder in Spielszenen über.
Einer der besten Filme, die Rolf Hädrich gemacht hat.

Sibylle Dralle (Witwe von Rolf Hädrich / Historikerin) - zurück zur Biografie