20. Abgeordnetentag des Landesverbands Sachsen-Altenburgischer Feuerwehren zu Hermsdorf am 08., 09. und 10.08.1903

Am 11.08.1903 wurde im Eisenbergischen Nachrichtsblatt nachfolgender Artikel veröffentlicht (Text unten):

Als gelegentlich des vorjährigen Abgeordnetentages Lucka der Beschluss gefasst wurde, den nächsten Abgeordnetentag in Hermsdorf abzuhalten, mag mancher schon den Vorsatz gefasst haben, diese Gelegenheit sich nicht entgehen zu lassen, um unserem schönen Holzlande einen Besuch abzustatten. Und viele haben diesen Vorsatz zur Ausführung gebracht, so viele, dass das Kommando Mühe hatte, alle Kammeraden in Quartieren unterzubringen.
Schon Sonnabend mittag trafen zahlreiche Gäste ein und jeder später ankommende Eisenbahnzug brachte solche, die von der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr am Bahnhof empfangen wurden.
Eröffnet wurde der festliche Teil durch einen Fackelzug, an den sich ein sehr gut besuchter Kommers im „Ratskeller“ anschloß. Derselbe wurde durch ein auf Seine Hoheit den Herzog ausgebrachtes Hurra des Herrn stellvertretenden Vorsitzenden des Landesverbandes, Stadtbaumeister Eberling (Altenburg) eröffnet. Dem folgte die Begrüßung der Erschienenen im Namen der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr durch deren Kommandanten, Herrn Beyer, und im Namen der Gemeinde durch Herrn Gemeindevorsteher Bratfisch. Den unterhaltenden Teil bildeten Musikvorträge der Menzelschen Kapelle, dann Gesangsvorträge der veieint aufgetretenen Männergesangsvereine und der Sängerabteilung des Militätvereins, sowie Gesangsverein „Harmonie“, ferner durch von Mitgliedern der Feuerwehr und hiesigen Damen aufgeführten lebenden Bildern ernsten und heiteren Inhalts.
Am Sonntagmorgen brachte ein Weckruf bads wieder Leben in den Ort. Früh ½ 7 Uhr sollte eine Prüfung der hiesigen Wehr ihr Können zeigen. Das Urteil lautete in Bezug auf Fuß- und Geräte-Exerzieren sehr gut. Beim Nachfolgenden Manöver mit Sturmangriff wurde die Wehr aber von einem Mißgeschick betroffen. Das im Rathaus auf das Ertönen des Signals wartende Korps wurde durch ein solches von unberufener Seite irregeführt und rückte zur markierten Brandstelle, dem alten Pfarrgebäude. In kürzester Zeit konnten zwei Rohre Wasser gegeben werden. Da aber die Prüfungskommission noch nicht zur Stelle war, musste diese Übung wiederholt werden. Dass in Anbetracht dieser Umstände die zweite Übung nicht so ausfallen konnte als die erste, ist wohl leicht erklärlich, doch hatte das Korps noch eine gute Zensur erhalten.
Vormittags ½ 11 Uhr fand die Hauptversammlung der Abgeordneten im Rathaus statt durch die Präsensliste wurde die Anwesenheit von 32 Abgeordneten festgestellt. Es fehlten 7, doch stellten sich noch verschiedene später ein. Die Versammlung wurde wiederum durch ein Hurra auf den hohen Protektor des Verbandes, Seine Hoheit Herzog Ernst von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Verbandes, Herrn Stadtbaumeister Eberling Altenburg eröffnet. Der Verhandlung wohnte ein Vertreter der Regierung, Herr Regierungsrat Gerhardt (Altenburg) bei. Aus den Verhandlungen ist folgendes Bemerkenswertes zu erwähnen. Der stellvertretenden Vorsitzenden verliest den Geschäftsbericht, aus welchem hervorgeht, dass der Verband mit dem Herzoglichen Ministerium immer in guter Fühlung ist. Durch die Einführung eines neuen Übungsregiements und durch die stattgefundenen 12 Revisionen sind dem Verband bedeutende Ausgaben erwachsen, wozu aber das Herzogliche Ministerium 800 Mark beigetragen hat. Den Kassenbericht erstattete der Hauptmann im Altenburger Stab, Herr Wurm, wonach einer Einnahme von 2056,88 Mark eine Ausgabe von 1879,25 Mark entgegensteht, sodass ein Kassenbestand von 177,63 Mark vorhanden ist. Das Gesamtvermögen beläuft sich auf 577,73 Mark. Weiter folgen die Berichte über die im Laufe des Jahres stattgefundenen Revisionen (insgesamt zwölf) der verschiedenen Feuerwehren. Sodann ersucht der Vorsitzende um Zustimmung der Versammlung zu dem bereits abgesandten Huldigungstelegramm an Seine Hoheit den Herzog, die natürlich bereitwilligst erteilt wird.
Herr Bauschuldirektor Körner (Roda) erhält daruf das Wort zu einem Vortrag über die geschichtliche Entwicklung des Feuerlöschwesens.
Von den alten Völkern ausgehend, welche dem entfesselten Element des Feuers völlig machtlos gegenüber standen, führte der Herr Vortragende die zum Teil sehr primitiven Maßnahmen der Völker und Städte der späteren Zeit an. Erst die Erfindung der Feuerspritze in ihrer heutigen Gestalt sei als ein bedeutender Fortschritt zu bezeichnen gewesen. Durch die Einführung einer freiwilligen festen Organisation in der heutigen Art habe erst im Jahr 1841 die Stadt Meißen bahnbrechend gewirkt. Ein weiteren Schritt bedeutete die im Jahr 1851 erfolgte Einrichtung der Berliner Berufsfeuerwehr, welcher Stadt verschiedene andere gefolgt sind, sodass im Jahre 1900 dren 60 gezählt wurden. Die ungeheuere Anzahl der bestehenden freiwilligen Feuerwehren beweist, wie die gute Sache unaufhaltsam vorwärts dringt.
Reicher Beifall lohnte den Herrn Vortragenden für seine Mühe. Ein Antrag des Verbandes, aus Ersparnisrücksichten künftig zu Revisionen bei Feuerwehren unter 50 Mann nur zwei zwei Inspektoren zu entsenden, wurde angenommen. Darauf wurde zur Wahl  von zwei Ausschussmitgliedern geschritten. Bei dieser Gelegenheit wurde des bisher langjährigen Vorsitzenden des Verbandes, Herrn Rechnungsrat Dietzmann (Ronneburg), gedacht, der außerordentlich erfolgreich für den Verband gewirkt habe, nun aber in Folge Krankheit von einer Wiederwahl absehen müsse. Die Anwesenden erhoben sich ihm zu Ehren von ihren Plätzen und soll außerdem ein Begrüßungstelegramm abgesandt werden.
Bei der Wahl wurde Herr Gabler (Schmölln) wieder, und Herr Bachmann (Meuselwitz) neugewählt. Die bisherigen Beiträge, pro Mann 5 Pfennig, wurden beigehalten. Als nächster Ort des Verbandstages war seitens Herrn Elberling Altenburg vorgeschlagen worden, da die dortige Wehr ihr 50jähriges Jubiläum feiert. Dieser Vorschlag fand Annahme. Nach Schluß der Verhandlunen fand Festtafel und darauf Festzug durch den Ort statt. Es war ein stattlicher Zug, der sich durch die schöngeschmückten Straßen bewegte. Konzert auf dem Festplatz und Ball im Rathaus schloss den Tag.