Straßen-, Wasser- und Abwasserbau und Ferngasleitung in Hermsdorf

Volker Kreß mit Ergänzungen von Stefan Lechner

 

Hermsdorf hat seit etwa

  • 1911 Beginn Baumaßnahmen zur Wasserversorgung
  • 1913 eine erste Wasserversorgung
  • 1926 die erste Kanalisation
  • 1926 bis 1930 gepflasterte Straßen.

Karte 1840

Die Hermsdorfer Geschichte zeigt nachweislich, dass die Aufstellung von Bebauungsplänen keine Erfindung unserer Zeit ist. Bereits 1905 wurde ein solcher für Hermsdorf erstellt. Er umfasste im Wesentlichen das Gelände an der Bahnhof -, Eisenberger - sowie an der Schulstraße. Die Veröffentlichung (heute Auslegung) erfolgte im „Hermsdorfer Tageblatt“ und im „Hermsdorfer Generalanzeiger“. Bereits am 22.08.1905 - heute geht das nicht mehr so schnell - konnte der Gemeindevorstand bekannt geben, dass die Bebauungs- und Kanalisationspläne für das Gelände zwischen Bahnhofs-, Eisenberger- und Bergstraße sowie für die Schulstraße genehmigt wurden.

Es folgte 1907 / 1908 die Erarbeitung einer „Ortsstruktur, die Anlegung, Bebauung und Veränderung von Straßen und Plätzen betreffend“, also einer Straßenbauordnung, die 1909 einstimmig angenommen wurde. Auf diesen Grundlagen wurden bei Straßenbauarbeiten auch bereits die ersten Kanalisationen mitverlegt wie z. B. 1908 beim Ausbau der Bergstraße. 1912 sollte auch die Kanalisation der oberen Bergstraße und der Kochwinkelgasse mit Anschluss an die 1906 neu gebaute Schillerstraße vorgenommen werden.

Wasserversorgung

Parallel zu Bebauungsplan und Straßenbauordnung wurde auch die Wasserversorgung von Hermsdorf vorangetrieben.

  • Ein 1905 erstelltes Projekt, welches die Nutzung von Quellen im Teufelstal vorsah, konnte nicht realisiert werden.
  • 1908 wird in Erwägung gezogen, beim Bau einer Wasserleitung den Anschluss an die Wasserleitung von Klosterlausnitz vorzunehmen. Doch dessen Gemeinderat lehnt das Projekt ab.
  • Im Zuge der weiteren Vorbereitung werden die Quellen im Warnsdorfgrund bevorzugt. Der Gesamtaufwand für den Bau einer Hochdruckwasserleitung und des Hochbehälters wurde mit 230.000 bis 250.000 Mark veranschlagt. Die Summe sollte durch Aufnahme einer Anleihe aufgebracht werden.
  • In den Jahren 1911 bis 1913 wurde das Vorhaben dann realisiert, am 12.03.1913 wurde das Hermsdorfer Wasserwerk in Betrieb genommen und am 01.04.1913 die zentrale Wasserversorgung für den Ort.
  • Lokale Wasserleitungen hatte es aber offensichtlich schon viel früher gegeben, das bezeugt z. B. eine bei der Neugestaltung der Alten Regensburger Straße in der Nähe des Gasthofes „Zum Schwarzen Bär“ aufgefundene Holzwasserleitung. Für diese alten Wasserleitungen wurden Baumstämme längs durchbohrt und die Verbindungen wurden mit geschmiedeten Eisenhülsen hergestellt die ins Holz geschlagen wurden (siehe Bild 01 und 02).

Straßenbau  Straßenbau
Bild 01 und 02

Eine Besonderheit, wenn nicht sogar Weltneuheit, gab es Ende 1953 in der Karl-Marx-Allee (heute Naumburger Straße). In diesem Jahr wurden Keramik-Druckrohre der KWH als Wasserleitungen eingebaut. Diese Rohre wurden als sehr positiv eingeschätzt und eine große Zukunft (für weitere Wasserleitungen) vorausgesagt. Was aus diesen Leitungen wurde kann nicht gesagt werden, da keine weiteren Unterlagen bekannt sind und eine Anfrage bei der Wasserwirtschaft unbeantwortet blieb.

Kanalisation

Die Ortskanalisation wurde erst einige Jahre später in Angriff genommen. Als Hauptbauabschnitt führte die Fa. Franke aus Zeitz 1926 die Kanalisationsarbeiten in der Bergstraße, Ernststraße (heute Alte Regensburger Straße), Alter Markt und Eisenberger Straße aus.

Die Kläranlage beim Buchborn wurde 1927 gebaut und in Betrieb genommen.

Die Entwässerung wurde als Mischwasserkanal (Regenwasser und Abwasser in einem Kanal) ausgeführt und in den Raudenbach geleitet. Durch eine Stauschwelle kurz hinter der Schillerstraße (heute in der Übertunnelung) wurde der Trockenwasserablauf des Raudenbachs zum größten Teil über eine Rohrleitung der Kläranlage zugeführt. Bei Regen konnte das Wasser ausreichend verdünnt über die Schwelle fließen und dem weiteren Bachlauf folgen.

Vor Bau der Ortskanalisation wurde der alte Ortskern offensichtlich über rechteckige Sandsteinkanäle entwässert, welche zwischen Schulstraße und Alter Regensburger Straße begannen und direkt bis in den Raudenbach führten. Bei der Neugestaltung der Alten Regensburger Straße, wo auch Trink- und Abwasserleitungen nach etwa 70-80 Jahren erneuert wurden, fanden sich mehrere solche Kanäle. Dabei führte ein Kanal sogar noch Wasser (siehe Fotos 3 und 4).

  Sandsteinkanäle  Sandsteinkanäle
Bild 3 und 4

Bis Fertigstellung der Ortskanalisation flossen Regen- und Abwässer aber auch in offenen Gräben ab. Auf alten Fotos sind solche Gräben z. B. in der Ernststraße und der Eisenberger Straße neben den Hausgrundstücken zu erkennen. Fäkalien wurden mit Fuhrwerken, auf denen sich Suddenfässer (Sudde = Jauche)befanden, abtransportiert.

Straßenbau

Die Straßen in Hermsdorf waren bis nach dem Bau der Ortsentwässerung nur durch eingewalzten Schotter befestigt. Zur Entwässerung war in Teilbereichen ein gepflastertes Schnittgerinne vorhanden. Bei fälligen Ausbesserungsarbeiten wurden immer wieder neue Schichten von Schotter aufgebracht, sodass die Einfahrten zu den Grundstücken immer tiefer gekommen sind. So weit bei der Kanalisation des Ortes 1926 die Straßenbefestigung aufgenommen wurde ist festgestellt worden, dass fast nirgends Packlager gesetzt worden ist.

Die Ortsdurchfahrtsstraßen von Hermsdorf waren damals Staatsstraßen des Landes Thüringen:

1.       Rodaer-, Ernst-, Eisenberger- und Bahnhofstraße gekreuzt von
2.       Geraer-, Eisenberger- und Naumburger Straße

Dazu steht z.B. in einer Zeitungsnotiz vom März 1923 die fiskalische Straße sei in „Grund- und Boden gefahren“ hauptsächlich geht diese Bodenlosigkeit auf das Konto der Autofahrer...

Interessant sind einige Auszüge aus einer Eingabe des Gemeindevorstandes an den Landtag Thüringen, veröffentlicht in „Der Holzländer“ vom 22.05.1927:

„... der Verkehr auf diesen Straßen (Staatsstraßen) ist außerordentlich stark. Während noch im Jahr 1924/25 der Fuhrwerksverkehr etwa fünfmal so groß war wie der Kraftwagenverkehr, nimmt der Kraftwagenverkehr von Jahr zu Jahr zu ...

... In der Straße befinden sich aber Löcher bis zu 20 Zentimeter Tiefe ... (und das Land unternimmt nichts)

... der Ortsverkehr ist gegenüber dem Durchgangsverkehr verschwindend gering ...

... Die heute noch in der Regierung bestehende Auffassung, dass der Staat für seine Straßen in der Ortslage nicht mehr zur Unterhaltung zu tun verpflichtet ist, als an Straßen außerhalb der Ortslagen, kann nicht richtig sein

... Auch der Staat hat von der Ortslage mehr Steueraufkommen als von der unbebauten Flur ...

... Jetzt ist vom Staat geplant ein kleines Stück der Bahnhofs- und Eisenberger Straße zu beschottern, das bedeutet eine fast nutzlose Aufwendung von Geldmitteln. In höchstens 3 Jahren ist der Schotter wieder durchgefahren und die Sache geht von neuem los ....

... Aus Selbsterhaltungstrieb muss sich die Gemeinde Hermsdorf dagegen wehren. Die vorgebrachten Erwägungen und Gründe geben der Gemeinde Hermsdorf Veranlassung an den Landtag von Thüringen die höfliche Bitte zu richten, der Gemeinde Hermsdorf bei der Besserung der Staatsstraßen (gemeint ist Pflasterung) in der Ortslage von Hermsdorf mit zu helfen. Wir wollen sicher auch Opfer bringen, können aber nicht so hohe Lasten übernehmen, von denen die Gemeinde erdrückt würde. Die Gemeinde Hermsdorf würde bereit sein, den Pflasterlohn zu übernehmen, wenn der Staat alle anderen Lasten selbst trägt. ..“

Offensichtlich hat damals die Eingabe genützt, denn die Straßen wurden in den Folgejahren wieder an die Einfahrten angepasst und gepflastert,

Auch auf eine geologisch bedingte Besonderheit bei den Hermsdorfer Straßen weist die o. g. Eingabe hin:

... An einzelnen Stellen tritt der Buntsandstein bis an die Straßenbefestigungen heran, teilweise sind die oberen Schichten verwittert und bestehen aus mehr oder wenigen tonhaltigem Sand. Stellenweise findet sich auch Lehmboden vor, während ein Teil der Straße, besonders in der Mitte des Ortes, auf einem Knüppeldamm ruht. An diesem scheinen früher sumpfige Stellen gewesen zu sein, die durch lagenweises Verlegen von Rund- und Halbhölzern fahrbar gemacht wurden. In einigen Teilen der Ernst- und der Eisenberger Straße wurden 6 bis 8 Lagen übereinander vorgefunden. ...

In einer anderen Quelle heißt es dazu:

... An der Stelle „Zum Schwarzen Bär“ mag die Gegend recht sumpfig gewesen sein, denn als 1929, bei Kanalisationsarbeiten bis 3 Meter tief ausgeschachtet wurde, fanden sich Knüppeldämme in mehreren Lagen. Die Hölzer waren teilweise noch gut erhalten, weil sie im Sumpfe von der Luft abgeschlossen waren. Dazwischen fanden sich Kettenstücke und Hufeisen, die von den Pferden im Morast verloren wurden. Die Sumpfstellen sind damals mit Knüppeldämmen überbrückt worden und wenn ein Holzbelag zu tief im Schlamm eingedrückt war, wurde ein neuer darauf gebaut, bis der auch wieder versunken war. Der Sumpf, der erst später entwässert und die Straße ausgebaut worden, dabei blieben die Hölzer darunter liegen, bis sie durch den Straßenbau teilweise ans Tageslicht gelangten. In den Jahren 1929 und 1930, als Hermsdorf seine Straßen ausbaute und zuvor erst Kanalisation legt, kamen Fremde nach hier, um sich die alten Funde und Überlieferungen aus damaliger Zeit anzusehen und mancher nahm sich ein solch altes Stück aus den Jahrhunderten mit nach Hause...

Diese Aussagen konnten auch in jüngster Vergangenheit eindeutig bestätigt werden. Bei der Grundhaften Neugestaltung im Jahr 1992 (einschließlich Be- und Entwässerung) der Alten Regensburger Straße vom Alten Markt bis um die Bärenkurve und der Geraer Straße wurden exakt diese beschriebenen Verhältnisse wieder vorgefunden.

Der Bereich vom ehemaligen „Altenburger Hof“ (Gaststätte & Fleischerei Remme) bis gegenüber dem Hotel „Zum Schwarzen Bär“ und in der Folge die heutige Eisenberger Straße, war früher offensichtlich ein einziger Sumpf:

  • Beim Neubau der Geraer Straße (die es zurzeit der Entstehung des Knüppeldammes noch gar nicht gab) mussten im Einmündungsbereich ca. 3,0 m tief organische Bodenmassen (verfestigter Schlamm) ausgetauscht werden und darunter wurde ein noch stark sprudelnder Quell gefunden.
  • Etwas unterhalb des „Altenburger Hofes“ hatte der Knüppeldamm eine Mächtigkeit von ca. 2,0 m (siehe Bild 5 bis 9).
  • Direkt gegenüber „Zum Schwarzen Bär“ liegt heute noch der Knüppeldamm direkt unter dem Gehweg.

Knüppeldämme im Bereich „Altenburger Hof“ und „Zum Schwarzen Bär“  Knüppeldämme im Bereich „Altenburger Hof“ und „Zum Schwarzen Bär“

Knüppeldämme im Bereich „Altenburger Hof“ und „Zum Schwarzen Bär“  Knüppeldämme im Bereich „Altenburger Hof“ und „Zum Schwarzen Bär“

Knüppeldämme im Bereich „Altenburger Hof“ und „Zum Schwarzen Bär“
Bild 5 bis 9
Bei der Rekonstruktion der Alten Regensburger Straße vorgefundene Knüppeldämme im Bereich „Altenburger Hof“ und „Zum Schwarzen Bär“.
Diese hatten zum Teil eine Mächtigkeit von bis zu 2 Meter. Unsere Vorfahren hatten diese über Jahrzehnte hinweg immer wieder durch neue aufgelegte Hölzer ausgebessert, die dann immer wieder im sumpfigen Untergrund versanken.

Der Straßenbau heute hat wieder ganz andere Konzepte als zu der damaligen Zeit. Der Durchgangsverkehr wird möglichst um den Ort herum geführt (durch Umgehungsstraßen) und die innerörtlichen Straßen werden möglichst verkehrsberuhigt ausgebaut.

Als sichtbare aktuelle Maßnahmen in Hermsdorf zählen dazu:

  • Neugestaltung Eisenberger Straße von Bahnhofsbrücke bis Rathaus die kurz vor dem 750-jährigen Jubiläum Hermsdorfs fertig wurde, einschließlich Umgehung am Stadthaus
  • der Bau der Südtangente vom Globus-Kreisel bis zur Straßenmeisterei an der Geraer Straße
  • die Anbindung der Geraer Straße an die Ortsverbindungsstraße Oberndorf - Bad Klosterlausnitz hinter der Autobahnauffahrt Ost
  • die Errichtung eines Kreisels und Fortführung der obigen Umgehungsstraße bis zum Kreisel am Globus.

Diese Straßen entlasten die Altstadt, können aber nicht als echte Umgehungsstraßen betrachtet werden, da diese letztlich mitten in der Stadt, in den Kreisel am Stadthaus münden.

Ferngasversorgung

Mit Errichtung der Waldsiedlung ab 1964 erhielten die Neubauten, bis auf Ausnahmen (diese hatten Propangasöfen) Gasanschluss. Hier handelte es sich um Stadtgas, produziert in den KWH. Auch die Hochhäuser erhielten Gasanschluss, obwohl dies nach den damals gültigen Rechtsvorschriften nicht gestattet war. Sondergenehmigung war das große Schlagwort. Das Gas war für heutige Verhältnisse so billig, das die Wohnungen zum Teil nicht mal mehr Gasuhren erhielten. Die Preise wurde nach Wohnungsgröße und Personenzahl festgelegt. Beispiel: 4 Raum-Wohnung mit 4 Personen = 3,20 Mark, plus 0,50 (DDR) im Monat.
Nach der Wende wurden die Gasherde gegen Elektroherde ausgetauscht. Begonnen wurde mit den Hochhäusern, bis 1996 (AWG und einige Wohnungsverwaltungshäuser) folgten alle anderen.
Ab 1991 wurde Hermsdorf an das Erdgas-Fernnetz angeschlossen, die Hausanschlüsse erfolgten auf Bestellung.

Alte Handelsstraße

Am Montag, dem 11.08.2008 begannen Baumaßnahmen an der Kreuzung Eisenberger Straße - Schulstraße - Felsenkellerweg. Bei diesen Arbeiten werden die Versorgungsleitungen erneuert. Außerdem soll auf der Kreuzung ein Kreisverkehr errichtet werden.
Bei den Schachtarbeiten stieß man auf die alten Knüppeldämme der ehemaligen Handelsstraße. Diese führte von Naumburg nach Hof und wird an verschiedenen Stellen der Seite beschrieben, von den Fuhrleuten früher auch besungen. In der heutigen Ortslage fand man bereits wiederholt Zeugnisse aus alten Zeiten (siehe auch oben). Auf der Seite mit dem Fuhrmannslied wird auch der Verlauf der Straße beschrieben. Er führte damals direkt durch den Hof der Gaststätte "Zum Schwarzen Bär".
Die damaligen Fuhrmannswege führten, besonders auch an der jetzigen Fundstelle, durch morastiges Gelände. Unmittelbar neben der heutigen Kreuzung befand sich ein Teich, der später trocken gelegt wurde. Damit die Fuhrwerke, die zum Teil 4- und 6-spannig fuhren, auf den Wegen nicht einsanken, wurden Knüppeldämme gebaut. Für diese Arbeiten wurde Chausseegeld kassiert. Nach längeren Gebrauch versanken die Knüppel und es wurden neue aufgeschichtet.
Die jetzt aufgefundenen Dämme liegen 180 cm unter dem Niveau der heutigen Fahrbahn. Obwohl diese zum Teil bereits mehrere hundert Jahre dort liegen sind sie sehr gut erhalten. Offensichtlich durch den sehr feuchten Boden wurden diese konserviert.

   
    
Die ausgebaggerten Reste des Knüppeldammes lassen nicht vermuten, dass diese
bereits mehrere hundert Jahre in der Erde lagerten.
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