Erlebnisbericht für die Zeit vom September 1943 bis Ende 1945

 

Die Zeitzeugin möchte ihren Namen nicht veröffentlicht haben. Sie schildert die Jahre vor und bis Kriegsende. Nennen wir sie Elfriede.

Als junges Mädchen kam Elfriede auf eine Hauswirtschaftsschule in Jena und erhielt dort eine zweijährige Ausbildung. Nach Abschluss der Schule wurde Elfriede als „Mädchen für alles“ auf den Rasthof „Hermsdorfer Kreuz“ dienstverpflichtet. Sie begann im September 1943 und war bis Februar 1945 dort tätig. In dieser Zeit schlief sie, mit noch weiteren dienstverpflichteten Kräften, in Baracken neben dem Hautgebäude. Elfriede erinnert sich noch gut daran, dass dort auch zwei polnische Mädchen als Fremdarbeiter eingesetzt waren. Diese mussten in den Baracken auf dem Fußboden schlafen und bekamen nur zwei Decken.

 

Der Rasthof war zwar bereits in Betrieb, der Innenausbau, vor allem aber die Inneneinrichtung noch unvollständig. Es wurden im Rasthof schon Gäste bedient und Übernachtungen waren möglich. Teile des Hauses waren durch die Organisation Todt und durch die Wehrmacht als ein Versorgungsstützpunkt belegt. (Siehe dazu Galerie Personal 1938 - 1941)

Elfriede wurde immer dort eingesetzt, wo sie gerade gebraucht wurde, als Küchenhilfe, Zimmermädchen oder Kellnerin. Eines Tages erhielt sie von ihrer Vorgesetzten den Auftrag, Albert Speer zu bewirten, der zwei höher gestellte Personen zu Gast hatte. Speer hatte über längere Zeit seinen Sitz im Rasthof Hermsdorf. Die Besucher brachten verschiedene Möbel aus Berlin zum Rasthof, bei denen es sich aufgrund der Schilderung von Elfriede um die Ausstattung des sogenannten Hitler - Zimmer handelte. Eine der beiden Gäste war Martin Bormann. Sie bediente die drei Personen und verließ nach einem belanglosen Gespräch das Zimmer.

In der Zeit ihrer Tätigkeit gab es viele Belegungen durch Wehrmachtsangehörige und japanisches Militär.
Im Januar oder Februar 1945, Elfriede arbeitete in dieser Zeit in der Küche, wurden das gesamte Küchenpersonal in der Nacht geweckt und musste Nudelsuppe kochen. Eine Einheit der Waffen-SS führte gefangene KZ-Häftlinge ab. Nachdem diese ihr Essen erhalten hatten, mussten sie weiter. Elfriede kann weder sagen, woher die Häftlinge kamen, noch wohin sie gebracht wurden. Sie hatte bis dahin weder KZ-Häftlinge gesehen, noch deren Existenz gewusst.

Im Februar 1945 wurde Elfriede zum Notdienst verpflichtet, sie kam zur Feuerwehr nach Jena. Nach einer Kurzausbildung von 4 Wochen wurde sie bei der Feuerwehr eingesetzt und half mit beim Löschen der Brände nach den Bombenangriffen auf Jena.

Kurz vor Einmarsch der Amerikaner forderten die männlichen Feuerwehrleute die eingesetzten Frauen zur gemeinsamen Flucht auf. Die Amerikaner würden alle uniformierten Personen erschießen. Elfriede und ihre Freundin wurden im Feuerwehrauto bis Hof mitgenommen, ab da sollten sie sich allein weiter durchschlagen. Beide fuhren mit dem Zug von Hof nach Gera. Durch einen Bombenangriff endete die Fahrt auf dem Südbahnhof Gera. Ab dem Hauptbahnhof gelang ihnen die Weiterfahrt, den Rest bewältigten sie in einem Fußmarsch bis nach Hause.

Elfriedes Vater Franz wurde 1902 geboren. Er erlernte den Beruf eines Zimmermannes. Franz war beim Bau der Lehrgerüste der Brücken hier im Raum beteiligt. Das Lehrgerüst der Teufelstalbrücke hat er so vollständig mit errichtet und nach Fertigstellung der Brücke wieder mit abgebaut. Elfriede erinnert sich noch, dass er davon eine große Fuhre Feuerholz nach Hause brachte.

Er hat dann noch Brücken auf der Strecke bis Jena, einschließlich der Saale - Brücke in Göschwitz mitgebaut. Während der Arbeiten an der Saalebrücke wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Schwer krank kehrte er aus dem Krieg zurück und verstarb Anfang der 1960er Jahre.

 
Richtfest

4. von rechts, 2. Reihe von vorn - Franz, der Vater von Elfriede
Die Aufnahme entstand im Oktober 1936, zum Richtfest des Lehrgerüstes
am Südbogen der Teufelstalbrücke.

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