Ein
solches großes Fest konnte auch nicht ohne große Anstrengungen
auf die Beine gestellt werden. Von Seiten des Staates gab es für das Fest keine finanzielle Unterstützung.
Alle erforderlichen Mittel dazu mussten erwirtschaftet
und die Öffentlichkeit für das Ereignis sensibilisiert werden. Das Zauberwort
damals (wie heute) hieß Werbung.
Dazu
wurden unter anderen folgende Möglichkeiten genutzt:
- Poststempel
– das Hermsdorfer Postamt führte dazu einen extra Stempel.
- Zugfunk
– in der damaligen Zeit war es üblich, dass in den Reisezügen Hinweise
und Informationen in den Zügen gesendet wurden. Es wurde dann auf
der Strecke zwischen Gera und Weimar Hinweise auf das bevorstehende
Jubiläum hingewiesen.
- Werbeflächen
– große Werbeaufsteller in der Stadt, an den Ausfahrstraßen und anderen
Orten machten auf das Fest aufmerksam.
- Abziehbilder
– Diese Aufkleber wurden an den verschiedensten Orten
verkauft, besonders am Rasthof Hermsdorfer Kreuz.
- Briefaufkleber
– Gesondert gestaltete Briefaufkleber wurden auf die Post der Gemeindeverwaltung,
der Keramischen Werke Hermsdorf und anderer Betriebe aufgeklebt und
gingen so in alle Himmelsrichtungen.
- In
der Volkswacht wurden bereits ein Jahr zuvor, besonders 1956 Artikel
veröffentlicht, die sich mit dem Ereignis und der Geschichte von Hermsdorf
beschäftigten.
- Aus
diesen Artikeln und anderen Unterlagen entstand die Broschüre zur
700-Jahr-Feier.
- Der
Sender Weimar konnte gewonnen werden, durch geeignete Sendungen das
Fest einerseits vorzubereiten sowie mit zu gestalten.
- Unzählige
Plakate wurden in der gesamten Region geklebt.
Zur
Vorbereitung des Festes war eine enorme organisatorische Arbeit erforderlich.
Dazu wurden Ausschüsse gebildet und die Arbeit vorbereitet.
Hauptausschuss
zur 700-Jahr-Feier in Hermsdorf
Name |
Funktion |
Alter bezogen auf das Jahr 1956 |
Unrath, Fritz
Hühn, Wolfgang
Steiding, Heinrich
Röben, Alwin
Hädrich, Willy
Mieke, Rudolf
Serfling, Werner
Spernau, Walter
Zidella, Ilse
Franke, Paul
Bermig, Heinz
Lauckner, Horst
Fleischmann, Richard
Kirchner, Alfred
Schlegel, Kurt
Plötner, Ruth |
Bürgermeister
Sachgebietsleiter im Rathaus
Sachgebietsleiter im Rathaus
selbständiger Malermeister
Steuerberater und Heimatforscher
Angestellter im Katasteramt
Lehrer Friedensschule / Heimatforscher
Selbstständiger
Kindergärtnerin
Lehrer Friedensschule / Kunstmaler
Angestellter Holzbauwerke
Selbstständiger, Besitzer eines Kleinbetriebes
kaufmännischer Direktor KWH
HO-Verkaufsstellenleiter
Drogist
Sachgebietsleiterin Rathaus |
49 Jahre
27 Jahre
46 Jahre
52 Jahre
60 Jahre
43 Jahre
29 Jahre
44 Jahre
35 Jahre
48 Jahre
41 Jahre
44 Jahre
43 Jahre
45 Jahre
53 Jahre
30 Jahre |
Unterausschuss zur 700-Jahr-Feier in Hermsdorf
Finanzen: |
Gerlach, Lisa Sparkassenangestellte
Hädrich, Arno Kaufmännischer Bereich der KWH
Herbst, Erich, Arno Kaufmännischer Bereich der KWH
Müller, Lotte Sparkassenangestellte |
|
|
Werbung: |
Eckardt, Kurt - ehemaliger Volksbankleiter Hermsdorf
Hühn, Wolfgang - Sachgebietsleiter im Rathaus
Röben, Alwin - Malermeister
Angebot: Windhundrennen dazu kam es aber dann nicht
Ausklingler: Beyer, Alfred - Kirchenholzsiedlung |
|
|
Festumzug: |
Franke, Paul, Lehrer Friedensschule / Kunstmaler
Hesse, Edmund Schneidermeister
Gentzsch, Liesbeth, Lehrerin Friedensschule
Günther, Martha Schneidermeisterin
Mildner, Harry, Mitarbeiter Kulturhaus
Paarmain, Wilhelm, Berufsschullehrer
Rosenkranz, Alfred, Angestellter der Gemeinde / Leiter der Feuerwehr
Schlegel, Kurt, Drogist
Zidella, Ilse, Kindergärtnerin
Ziche, Karl, Schneidermeister |
Es ging um die einzelnen Bilder des Festumzuges, dazu
waren ca. 350 Kostüme notwendig.
Der Unterausschuss Festumzug konnte Herrn Wagner vom Kostümhaus Erfurt gewinnen.
Dort gab es
einen Fundus mit Kostümen für solche Zwecke. Herr Wagner konnte dann
Herrn Lenz (Frisör am
Theater Erfurt) gewinnen der in Verbindung mit dem Theater Perücken
usw. besorgte. Zuzüglich
wurden für die Vorbereitung des Festumzuges die
Hermsdorfer Handwerker:
Kichner, Alfred, HO-Verkaufsstellenleiter
Langbein, Rudolf, Kistenfabrik Langbein
Pöhler, Paul, Stellmachermeister
Rohn, Kurt, Bauer
Senf, Ralf, Bauer
gewonnen. Es gab im Vorfeld Bestrebungen die Festwagen
eigenständig zu geschalten.
Letztlich hat es sich dann aber bewährt, dass die DEWAG Werbung beauftragt
wurden.
Von den 48 Bildern wurden dann von der DEWAG sieben Bilder direkt gestaltet,
die recht
aufwendig gefertigt wurden (Aufbauten auf die Wagen direkt).
Ausschuss für Volksbelustigungen und Tombola: (30
000 Lose wurden verkauft)
Gradl, Joachim, Bauingenieur
Plötner,
Otto, Selbständiger
Schröter, Herbert, Angestellter Rasthof Hermsdorf
Sperrnau, Walter, Selbständiger
Steiding, Heinrich, Sachbearbeiter Gemeinde
Steiding, Ilse, Schulsekreterin
Ausschuss für Ausschmückung des Ortes:
(es ging u. a. Ehrenpforten, Schmückung der
Häuser, Gestaltung der Gärten usw. in Abständen von ca. 50
m Fichten, Fahnen
Bermig, Heinz, Mitarbeiter Holzbauwerke
Fleischmann, Richard, kaufmännischer Direktor KWH
Hüfner, Günther, technischer Leiter Holzbauwerke
Patzer, Herbert, Röntgengerätewerk Betriebsleiter
Täumel, Hermann, BGL Holzbauwerke
Ausschuss für die Einrichtung der Heimatausstellung:
Hädrich, Willy, Steuerberater und Heimatforscher
Kipping, Arthur, Sachgebietsleiter Kultur Gemeinde
Mieke, Rudolf, Kathasteramt
Schröder, Albrecht, Gärtner und Heimatforscher
Serfling, Werner, Lehrer Friedensschule / Heimatforscher
Ausschuss für einzelne Festveranstaltungen:
Beier,
Hertha
Brehm, Paul
Kettritz, Hilde
Leunert, Fritz
Ausschuss für Prospekt:
Hädrich, Willy
Kipping, Arthur
Kramer, Otto
Der Festumzug am Sonntag, d. 26.08.1956
Die DEWAG Werbung begann ab 23.08.1956
mit dem Aufbau der Wagen – es gab viel viel Kleinarbeit. Die Ausschmückung des Ortes erfolgte vor allem unter Leitung
von Fleischmann, Planer und Graf.
Das Wetter am Sonnabend, d. 25.08.1956 zeigte sich anfänglich
von der schlechtesten Seite, das Barometer zeigte einen Stand von
744 = es regnet in Strömen. Der
Handel zeigte anfänglich
auch Vorbehalte, da die Betriebe am 25.08.1956 nicht arbeiten nicht.
Der Ort zeigte ein festliches Gesicht, Häuser, Gärten waren geschmückt.
An den Straßen wurden in kurzen
Abständen
Fahnenstangen aufgestellt, an denen abwechseln die DDR Fahne, die Thüringenfahne
und die Fahne des Herzogtums Sachsen-Altenburg hingen, zwischen den
Fahnen standen auch
Fichten. Während die DDR Fahnen gekauft werden konnten, mussten alle
anderen genäht werden.
Im Laufe des Vormittages stieg das Barometer, aber es wehte ein sehr
heftiger Wind - Fahnen werden
abgerissen. Die Heimatausstellung hatte viele Besucher. Im Kulturraum
des Rathauses Hermsdorf
(heute Standesamt) waren die Preise der Tombola aufgebaut. Der erste
Preis war ein Moped. Die Kostüme für den Festumzug waren Donnerstag gekommen, sie
mussten in Erfurt abgeholt werden, was die Hermsdorfer Fuhrleute übernahmen.
Am Freitagnachmittag gab es die ersten Anproben,
weitere am Sonnabend, dazu waren ca. 15 Stunden erforderlich. Extra für das Fest wurde der Kindergarten neben dem Rathaus
in eine Gaststätte / Eisdiele
umfunktioniert und erhielt den Name „Kuckucksdiele“, diese wurde am
Freitag eröffnet.Leiterin war die Köchin Liddy Beier,
es ist
überliefert, dass sie dort den besten Rumkaffee aller Zeiten kochte. Am 26.08.1956, um 05:30 Uhr gab es den Weckruf mit 40 Fanfarenbläser
(Herbert Planer). Das Wetter wurde immer besser. Der Kraftverkehr
hatte zahlreiche Sonderfahrten eingerichtet und tausende Besucher
nach
Hermsdorf gebracht, aus Eisenberg allein 3000.
Die Einkleidung der Mitwirkenden begann ab 9:00 Uhr, die ersten
Komparsen mussten dann bis 14:00 Uhr
ausharren. Um 10:00 Uhr fand die offizielle Festsitzung statt, es spielte
dort die Kurkapelle Streichergruppe
aus Bad Klosterlausnitz.Um 14:00 Uhr begann der Abmarsch des Festzug ab
Schulstraße.
Alfred Rosenkranz und Heinrich Steiding
leistet hier hervorragende Arbeit bei der Einordnung der Umzugteilnehmer
und Bilder in den Festumzug.
Die Temperatur war auf 21 Grad angestiegen und es schien die Sonne,
das Wetter wurde gerade ideal.
Aus
dem Bericht des Hauptausschusses
Bei der Bewertung nachfolgende Zahlen
muss beachtet werden, dass es 1956 noch
Lebensmittelkarten gab.
Folgende Umsätze wurden durch 250 Personen im
Bereich Handel und Versorgung getätigt:
27000
9000
9500
1000
1300
7000
350
140
50
12,5
20
10000
150
75000
8000
40000 |
|
Stück
Stück
Stück
Liter
Liter
Flaschen
Flaschen
Flaschen
Zentner
Zentner
Zentner
Stück
Kilo
Stück
DM
Stück |
Bratwürste
Bockwürste
Fischbrötchen
Exportbier
Riebeckbier – entspricht 13 Hektoliter
Bier
Wein und Sekt
Spirituosen
Süßwaren (5000 kg)
Bananen (1250 kg) völlig unbekannt, wo diese damals herkamen
Obst (2000 kg)
Eis am Stiel (eine Neuheit offenbar zu dieser Zeit)
Eis
Zigaretten
Reiseandenken
Brötchen |
Aus
dem Bericht des Finanzausschusses
Großes Ziel war, dass sich das Fest
selbst tragen musste.
Einnahmen |
|
Ausgaben |
Spenden |
6472,- DM |
|
Werbung; Ausschmückung |
14860,- DM |
Abziehbilder |
6160,- DM |
|
Entschädigungen |
505,- DM |
Plaketten |
5700,- DM |
|
Reisekosten |
110,- DM |
Broschüren |
2480,- DM |
|
Verpflegung |
481,- DM |
Tombola |
8447,- DM |
|
Kostüme, Feuerwerk, Kulissen |
9325,- DM |
Sonstige Einnahmen |
2285,- DM |
|
Tombolapreise und sonstiges |
1538,- DM |
Veranstaltungen |
8640,- DM |
|
Fuhren und Versicherungen |
356,- DM |
Kuckucksdiele |
4200,- DM |
|
Veranstaltungen |
8440,- DM |
Anzeigenwerbung DEWAG |
2000,- DM |
|
|
|
Summe |
46.384,00 DM |
|
Summe |
35.615,00 DM
|
Gewinn: |
10.769,00 DM |
|
|
|
Allein durch zwei Hermsdorfer Jungen
wurden 2200 bzw. 1800 verkauft. 20.000 blieben übrig, diese
hätten noch 5000 DM bringen können. Mögliche Einnahmen waren insgesamt
noch 9000 DM gewesen. Wie bereits oben geschildert gab es zum Fest auch eine
Tombola. Die VEB Keramischen Werke Hermsdorf
fertigten damals für Werbezwecke kleine Manipermesel an und stellte einige für die Tombola zur Verfügung. Im Zusammenhang damit
gab es eine lustige Begebenheit,
wie der folgende Zeitungsausschnitt belegt. (siehe auch hier - mit Foto)

Hermsdorf hatte zum Zeitpunkt der 700-Jahr-Feier eine
Einwohnerzahl von etwa 6300 Bürger.
An die Neustadt war zu dieser Zeit noch nicht zu denken. Allein zum
Festumzug waren 22.000 Personen
auf den Beinen. Wie der Artikel vom 27. August 1956 belegt. Insgesamt
werden die Besucherzahlen
jedoch etwa auf 25.000 geschätzt.
|